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"Das Klima ist schärfer geworden"

Von Brigitte Pechar

Politik

Heute ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Aus diesem Anlass präsentierte die Österreichische Liga für Menschenrechte gestern ihren jährlichen Befund. Das Klima in Österreich sei schärfer geworden. Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) würden nicht umgesetzt, das teilweise aufgehobene Asylgesetz werde in verschärfter Form diskutiert, Vertreter der Zivilgesellschaft würden unter Druck gesetzt, die Rechtsstaatlichkeit "ausgehöhlt".


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Es entstehe zunehmend ein Klima in Österreich, das der Entwicklung der Menschenrechte feindlich gesinnt ist, kritisierte Liga-Präsident Ferdinand Lacina. So würden etwa mit Statistiken, die in ihrer Interpretation "außerordentlich fragwürdig sind", Ängste gegen Asylwerber geschürt. Lacina bezog sich damit auf die Kriminalitätsstatistik (Anzeigen). "Was wir sehen, ist eine Tendenz in der Politik, den Menschen nicht Angst zu nehmen, sondern Ängste der Menschen aufzugreifen und populistische Vorschläge einzubringen", sagte Lacina und verwies eben auf die Asylproblematik. So habe der VfGH Teile des Asylgesetzes aufgehoben, nun werde aber an Verschärfungen gearbeitet, die nicht im Geist des Erkenntnisses seien.

Auch würden Vertreter der Zivilgesellschaft unter Druck gesetzt, wie das Beispiel der beiden Rechtsanwälte, Mitglieder des Menschenrechtsbeirats, zeige, gegen die es eine Strafandrohung gab.

Kritik übte Liga-Vizepräsident Heinrich Neisser an der "permanenten Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit". Auch er verwies auf die Asylgesetzgebung. Die Gesetze würden schlecht erarbeitet und seien von vorneherein schon verfassungswidrig.

Für Liga-Vizepräsidentin Terezija Stoisits ist der Tag der Menschenrechte ein "Trauertag". Mit dem geplante Asylgesetz werde eines der elementarsten Menschenrechte, der Schutz vor Verfolgung, zu Grabe getragen.

Der frühere VfGH-Präsident Ludwig Adamovich kritisierte vor allem, dass Erkenntnisse des VfGH nicht umgesetzt würden, wie das Beispiel der zweisprachigen Ortstafeln zeige. Eigentlich müsste die Regierung tätig werden. "Der derzeitige Zustand ist in hohem Maße unbefriedigend", sagte Adamovich und verwies auf den Ö-Konvent, wo man überlege, wie man VfGH-Entscheide auch durchsetzen könne. Eine Möglichkeit wäre, dass der VfGH dann die Umsetzung von Erkenntnissen einmahnen könnte.

Einen Bogen von den fehlenden Ganztagsbetreuungsplätzen für Kinder, falschen Schwerpunktsetzungen in der Schule wie PISA zeige, der "höchsten Jugendarbeitslosigkeit, die wir je hatten", bis hin zur Abschaffung der Direktwahl der Hochschülerschaft spannte der frühere Präsident der Jugendgerichtshofs, Udo Jesionek. Strafgesetze würden verschärft, die Mittel für die Betreuung straffällig gewordener Jugendlicher gekürzt. Es dürfe daher auch nicht verwundern, wenn das Staatsgefüge schlechter werde, meinte Jesionek.