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Das klinget so herrlich . . .

Von Reinhold Aumaier

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Sommerloch, Saure-Gurken-Zeit, Wiederholungs-TV: Schlagwörter, die uns nicht kratzen sollen. Wir greifen zur Platte, zum Buch. Beispielsweise zur neuen CD des Hagen- Quartetts. Das klug gebaute Programm beginnt mit Dvoraks op. 105. Der prickelnde 2. Satz erfrischt das Gemüt. Beim ersten Schulhoff-Stück "Alla Valse viennese" kräuselt sich alles im 3/4-Takt und fächelt uns ein frisches Lüfterl zu. György Kurtags 12 Mikroludien aus den späten 70er Jahren bauen eine Brücke zur kompletten Musik für Streichquartett von Anton Webern. Das Artis-Quartett beschäftigt sich seit 20 Jahren intensiv mit diesen kostbaren Miniaturen. Ob kraftvoll oder zart, heftig bewegt, ruhig fließend oder äußerst langsam: höchst entwickelter Klangsinn, gewissenhafter Umgang mit dem Notentext sowie die unvergleichlich wienerische Musizierart ergeben zusammen eine gute Stunde lang Meilenstein(chen)-Musik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein Standardwerk. In gewissem Sinne gilt das auch für die neue CD der Pianistin und Sängerin Shirley Horn. Songs von Rodgers & Hart oder Irving Berlin gehören nun einmal zum großen Liederbuch der letzten 100 Jahre. Eine ganze Love- Story lang wird man zart zum Mitfühlen bewegt - von "You're My Thrill" bis "All Night Long". Wir hören Musik für die beste aller Zwischenzeiten: jene Sowohl-als-auch-Tage, die aus dem Spätsommer den Frühherbst machen.

Zur guten Musik die feine Literatur. Meine Empfehlung diesmal: "Garn" von Klaus Merz. Prosaminiaturen und Gedichte von träumerischer Poesie. Ein Beispiel daraus: 15. FEBRUAR - Der vergessene Tigerhandschuh im Schnee. / Auf meiner Schulter (eine Wegbiegung später) / die scheue Pranke des Lichts. Wohl bekomm's!