Zum Hauptinhalt springen

Das kommende Chaos in Syrien

Von David Ignatius

Kommentare

Nach dem Ende des Bürgerkriegs dürfte sich die Lage im Land kaum bessern. Die USA werden auch in Zukunft kaum über Einfluss verfügen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Entscheidungsschlacht um Damaskus rückt näher und die Phalanx der syrischen Oppositionsstreitkräfte, der sich Präsident Bashar al-Assad gegenübersieht, scheint eines gemeinsam zu haben: Die meisten der Hauptrebellengruppen haben starke islamische Wurzeln und werden von muslimischen Nachbarn unterstützt. Die Freie Syrische Armee (FSA) hat eine ungefähre "Schlachtordnung" aufgestellt, die diese Gruppen beschreibt und ihre Ideologie und Finanzierung darlegt. Diesen Bericht hat auch das US-Außenministerium bekommen. Er bietet Einblick in einen Krieg, der sich ohne ein diplomatisches Wunder auf ein chaotisches Ende hinquält.

Die desorganisierte muslimisch dominierte Opposition gibt Anlass zu mehreren Schlussfolgerungen: Die USA werden nur begrenzt Einfluss haben. Die Lage könnte nach der Entmachtung Assads so chaotisch und gefährlich wie der Bürgerkrieg selbst sein. Die muslimischen Rebellengruppen werden versuchen, die Kontrolle über Assads gewaltiges Arsenal, inklusive chemischer Waffen, für sich zu beanspruchen.

Obwohl die syrische Revolution zwei Jahre alt ist, haben die Rebellenstreitkräfte noch immer kein einheitliches Kommando. General Salim Idriss, Kommandant der FSA, hat versucht, die Kämpfer zu koordinieren, aber sie haben nicht annähernd die Disziplin einer normalen Armee. Dennoch sind sie zu einer mächtigen Kraft geworden. Ein Großteil Aleppos ist ihrer Hand und durch die Kontrolle über viele Zugänge im Osten und Süden von Damaskus verstärken sie den Druck auf die Stadt. Führer der Freien Syrischen Armee glauben, dass die Schlacht um Damaskus ihren Höhepunkt in zwei, drei Monaten erreicht.

Die Aufstellung der Militäreinheiten der Opposition ist für Außenstehende verwirrend, aber laut Quellen handelt es sich um verschiedene Hauptgruppen: Jabhat al-Tahrir al-Souriya al-Islamiya ist der Name der größten Gruppe mit rund 37000 Kämpfern aus vier Untereinheiten. Die von Saudi-Arabien unterstützten Gruppen sind keine Hardcore-Islamisten, aber sie sind militanter als die politische Koalition von Scheich Moaz al-Khatib, der vorige Woche Syriens Sitz in der Arabischen Liga eingenommen hat. Die zweitgrößte Rebellenkoalition ist radikaler und wird von Hardcore-Salafisten dominiert. Ihr offizieller Name - Jabhat al-Islamiya al-Tahrir al-Souriya - ist mit dem der ersten Gruppe fast identisch. Laut Rebellenkreisen besteht sie aus elf Brigaden und rund 13.000 Kämpfern, finanziert von wohlhabenden Arabern aus Saudi-Arabien, Kuwait und anderen Golfstaaten. Die dritte Gruppe, Ahfad al-Rasoul, mit 15.000 Kämpfern, wird von Katar unterstützt. Die gefährlichste Gruppe ist Jabhat al-Nusra, ein Ableger der Al-Kaida im Irak, mit vielleicht 6000 Kämpfern. Idriss soll noch rund 50.000 Kämpfer kommandieren.

Die Opposition soll planen, die syrische Polizei auszubilden, Wasservorräte zu klären und den Streitkräften beizubringen, wie man chemische Waffen entsorgt. Solche Pläne sind die beste Möglichkeit, die Katastrophe in Syrien zu lindern. Worauf warten die USA?