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"Wenn Tausende sterben, werden sie dort drüben sterben", soll Trump zu einem möglichen Krieg mit Nordkorea gesagt haben. Auch wenn eine derartige Eskalation unwahrscheinlich ist - ganz ausgeschlossen ist sie nicht.
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Pjöngjang/Washington/Wien. Nordkorea droht den USA. "Es gibt keinen größeren Fehler für die USA als zu glauben, dass ihr Land auf der anderen Seite des Ozeans sicher ist", verkündete das Regime in Pjöngjang. Sprich: Nordkorea könnte die USA jederzeit mit seinen Raketen erreichen.
Grund für die Aufregung sind die jüngsten UN-Sanktionen, die vom Sicherheitsrat einstimmig beschlossen wurden. Die neuen Strafmaßnahmen verbieten den Import von Kohle, Eisen, Blei und Fisch aus Nordkorea. Dadurch sollen die Exporteinnahmen von bisher drei Milliarden Dollar jährlich um ein Drittel verringert werden.
Das Ziel der Sanktionen ist klar: Sie sollen den Druck auf Nordkorea erhöhen, damit Führer Kim Jong-un und seine Getreuen ihr militärisches Nuklearprogramm einstellen. Das Land hat schon mehrere Atomtests durchgeführt, und erst im Juli zwei Interkontinentalraketen getestet.
Wie weit Nordkorea tatsächlich den USA schaden kann, darüber sind sich Experten uneins. Klar scheint, dass Nordkoreas Raketen die Reichweite besitzen, um Ziele in den USA treffen zu können. Fraglich ist aber, wie fehleranfällig die nordkoreanischen Raketen sind. Ebenso unklar ist, ob Nordkorea bereits in der Lage ist, seine Raketen mit Atomsprengköpfen zu bestücken und diese auch zur Explosion zu bringen. Auf alle Fälle ist Nordkorea eine massive Bedrohung für andere Länder in der Region, zuvorderst Südkorea, aber auch für Japan.
Die Sanktionen werden Nordkorea hart treffen - wenn China hält, was es verspricht. Peking werde die neue UN-Resolution "vollkommen und strikt" erfüllen, sagte Außenminister Wang Yi am Montag. Die Volksrepublik ist bei weitem der wichtigste Handelspartner Nordkoreas.
Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass Nordkorea deshalb von seiner Aufrüstung abrückt. Bis jetzt hat nämlich das Regime die wirtschaftlichen Härten der Sanktionen einfach an die Bevölkerung weitergegeben. Von dieser ist keinerlei Aufstand zu erwarten - zu gut funktionieren Propaganda und Unterdrückungsapparat.
Verhandeln will Kim über das Atom- und Raketenprogramm, das er als Überlebensgarantie für sein international geächtetes Regime ansieht, auch nicht. Eine derartige Aufforderung Südkoreas hat Pjöngjang brüsk als "unaufrichtig" zurückgewiesen.
UnterschiedlicheSignale aus den USA
Damit taucht zusehends ein Schreckgespenst auf: dass es auf der nordkoreanischen Halbinsel zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt.
Alarmierend war dabei vor allem eine Aussage des republikanischen Senators Lindsey Graham, die dieser kürzlich im US-Frühstücksfernsehen tätigte. Trump habe ihm mitgeteilt, dass er nicht zulassen werde, dass Kim Amerika mit Atomraketen beschießt. Dann werde es einen Krieg geben. "Wenn Tausende sterben, werden sie dort drüben sterben, nicht hier", soll Trump gesagt haben.
Ganz anders äußerte sich hingegen US-Außenminister Rex Tillerson: "Wie versuchen den Nordkoreaner klarzumachen: Wir sind nicht euer Feind", sagte er. Nordkorea solle aber einsehen, dass für seine Sicherheit Verhandlungen am besten wären.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Seiten willentlich einen Krieg beginnt, sei "sehr gering", meint auf Anfrage der "Wiener Zeitung" der Ostasien-Experte Michael Kovrig von der renommierten Denkfabrik "International Crisis Group".
Allerdings: "Es besteht das signifikante Risiko, dass Fehleinschätzungen zu einem ungewollten Konflikt führen."
Das ist eine Gefahr, auf die auch andere Experten verweisen: dass sich Drohungen und militärische Muskelspiele derart hochschaukeln, dass sich irgendwann eine Seite zum Handeln gezwungen sieht.
Der frühere kanadische Diplomat und nunmehrige Politanalyst Kovrig macht darauf aufmerksam, welch dramatische Auswirkungen eine militärische Eskalation hätte: "Ein Angriff auf Nordkorea würde wahrscheinlich zu einem verheerenden Krieg führen, der besonders für Südkorea große Konsequenzen hätte", analysiert Kovrig. So befindet sich etwa die südkoreanische Hauptstadt Seoul nur rund 50 Kilometer von der Grenze entfernt und kann jederzeit von der nordkoreanischen Artillerie unter Feuer genommen werden.
Zudem hat sich Nordkorea laut Kovrig sorgfältig auf einen Angriff vorbereitet. Deshalb sind auch die Erfolgsaussichten eines gezielten Militärschlags - eine Option, die in den USA ebenfalls diskutiert wird - gering. "Auf die Schnelle scheint es kaum möglich, Nordkoreas Nuklearprogramm zu stoppen, die Führung zu stürzen oder die Fähigkeit des Landes, militärisch zurückzuschlagen, auszuschalten."
Dieses Risiko ist auch führenden US-Militärs nur allzu bekannt. Trotzdem: Trump ist vollkommen unberechenbar. Und mit dem früheren Publizisten und Rechtsaußen-Ideologen Stephen Bannon hat der US-Präsident einen Chefstrategen an seiner Seite, den Leute, die ihm begegneten, als Kriegstreiber beschreiben. So unwahrscheinlich ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel auch ist - ganz ausgeschossen ist er nicht.