Rund zwei Millionen Österreicher leiden an rheumatischen Erkrankungen.
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Wien. Während Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen innerhalb der Bevölkerung klar mit einer mehr oder weniger akuten Gefährdung des Lebens in Verbindung gebracht werden, wird Rheuma immer noch als harmlose Krankheit eingestuft. "Doch mehr Menschen sterben jährlich etwa an den Folgen eines durch Osteoporose ausgelösten Oberschenkelhalsbruchs als an Brustkrebs", betont Klaus Machold, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation, anlässlich des am Samstag stattfindenden Welt-Rheuma-Tages 2013.
Rechtzeitig erkennen und behandeln, lautet auch hier die Devise der Experten. Bei der chronischen Polyarthritis (entzündliches Rheuma) dauert es im Durchschnitt immerhin etwa 13 Monate, bis der Patient zum richtigen Facharzt gelangt. Bei Morbus Bechterew, wo vorwiegend die Wirbelsäulengelenke von Entzündungen betroffen sind, sind es gar vier Jahre.
Wichtige Therapiezeit
Damit "geht wichtige Therapiezeit verloren", stellt Michael Antosch von der Orthopädischen Abteilung im Krankenhaus Oberndorf bei Salzburg fest. Ziel wäre es, dass der Hausarzt als erste Anlaufstelle den Patienten bei typischen Symptomen sofort zur Abklärung an ein Rheumateam zuweist. Es gilt herauszufinden, ob die Beschwerden dem Alter, einer Abnützung, einem Fehlverhalten, Übergewicht oder eben Rheuma zuzuschreiben sind. So könnte den tatsächlich Betroffenen rascher geholfen werden.
Eine Gelenkschwellung gilt immer als Alarmsignal, betont Machold. Meist sind mehrere Gelenke betroffen. Als Begleiterscheinung tritt häufig Müdigkeit auf. Auch eine lang anhaltende Gelenksteife nach Ruhephasen sind für rheumatische Erkrankungen typisch, erklärt der Mediziner.
Viele rheumatische Erkrankungen "tun nur weh", manche führen aber schon in jüngeren Jahren zu massiven Einschränkungen, so Machold. Dies bedeutet nicht nur den Verlust der Selbsthilfe, sondern auch soziale Ausgrenzung. Immerhin sind zwei Millionen Österreicher betroffen.
In der möglichst frühzeitigen Therapie von chronischer Polyarthritis haben sich in den letzten 15 Jahren sogenannte Biologika - biotechnisch hergestellte Medikamente - durchgesetzt. Doch auch damit gelingt nur bei 30 bis 40 Prozent der Betroffenen das Erreichen einer Remission ohne Symptome, erklärt der Wiener Rheuma-Experte Attila Dunky. In Zukunft werden oral einzunehmende Enzymhemmer eine Verbreiterung der medikamentösen Therapie bringen. Das erste am Markt befindliche, aber in Österreich noch nicht zugelassene Präparat Tofacitinib kann gezielt in den biologischen Kreislauf eingreifen. Dieses "zeigt ein neues Wirkspektrum, ist aber kein Zuckerl", spielt Dunky auf Nebenwirkungen wie etwa eine hohe Infektionsneigung an. Mit der neuen Substanz zeigt sich eine 20- bis 50-prozentige Besserung.
Heutzutage verlaufen rheumatische Entzündungen aufgrund der moderneren Therapien weniger aggressiv, sodass die Betroffenen deutlich seltener operiert werden müssen, stellte jüngst die Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie fest. Insbesondere sei die Zahl präventiver Eingriffe wie die Synovialektomie rückläufig. Dabei werden entzündete Gelenkschleimhäute entfernt, um die Patienten von schmerzhaft geschwollenen Gelenken zu befreien.
Anlässlich des Rheumatages machen die Experten auch auf die Wichtigkeit von Bewegung aufmerksam. Dies würde den Krankheitsverlauf äußerst positiv beeinflussen. Jedoch sei es für Rheumapatienten entscheidend, Sportarten zu wählen, bei denen die Gelenke schonend bewegt und die Muskeln gestärkt werden, so Gertraud Schaffer, Präsidentin der österreichischen Rheumaliga.