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Bandion-Ortner: "Kritik überzogen, jammern hilft nicht." | "Helmut Elsner will mich nur provozieren." | Claudia Bandion-Ortner: Nicht "die" Staatsanwälte sind dagegen, sondern die Standesvertretung hat - für mich übertriebene - Kritik geäußert. Die Oberstaatsanwaltschaften in Innsbruck und Wien haben meinen Entschluss ausdrücklich begrüßt.
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Die Basis der Staatsanwälte reagiert immer kritisch auf strukturelle Veränderungen, das liegt offensichtlich in der Natur der Sache. Ich höre mir seit eineinhalb Jahren deren Klagen über ständige Überbelastung an. Jetzt schaffen wir Abhilfe, aber das ist auch wieder nicht recht. Offensichtlich kann man es nie allen recht machen. Ich bin sicher, eine gute Lösung gefunden zu haben, die zudem ganz dem internationalen Trend bei der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität entspricht. Ein Schwerpunktzentrum ist der Größe Österreichs angemessen. Bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft werden sich 40 Staatsanwälte und sieben Experten um die großen Fälle von Korruption und Wirtschaftskriminalität kümmern.
Kritik kommt aber auch von Rechtsanwälten, die bemängeln, dass nicht alle Staatsanwälte für Wirtschaftsfälle qualifiziert werden.
Auch hier ist vor allem die Standesvertretung unzufrieden. Dass für Zeugen aus Innsbruck der Weg nach Wien zu weit unzumutbar sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Wie oft ist ein Bürger in einen großen Wirtschaftskriminalfall verwickelt? Auch eine Diskriminierung von Rechtsanwälten außerhalb Wiens ist nicht gegeben, in der Praxis werden große Fälle ohnehin von Wiener Kanzleien vertreten. Auch hier gilt: Strukturelle Veränderungen sind immer unpopulär, aber man kann nicht nur jammern.
In Justizkreisen geht das Gerücht um, die Aufwertung der Korruptionsstaatsanwaltschaft geschehe, weil sich diese als zu ineffizient herausgestellt habe.
Das ist Unsinn. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat in ihrem ersten Jahr mehr als sechzig Strafverfahren zur Anklage gebracht, etliche davon haben mit einer rechtskräftigen Verurteilung geendet. All das mit nur sieben Staatsanwälten! Richtig ist, dass man bei ihrer Schaffung - und das war vor meiner Zeit - nicht für die notwendige personelle Ausstattung gesorgt hat.
Die zweite Neuerung ist die Ausweitung der Kronzeugenregelung. Diese haben Sie mit den Worten "Wer singt, geht frei" beworben. Wundert es Sie da nicht, dass hier rechtsstaatliche Bedenken laut werden?
Das war ein zugespitztes Zitat. Rechtsstaatliche Bedenken teile ich nicht. Diese Regelung gibt es auf der ganzen Welt, weil sie einfach notwendig geworden ist. Wir müssen auf die sich ändernde Kriminalität reagieren. Wichtig ist, dass wir die großen Fälle aufdecken, das gelingt meist nur auf diese Weise. Im Kartellrecht werden 90 Prozent der Fälle über Kronzeugen aufgedeckt. Aber jeder Einzelfall ist genau zu prüfen.
Wie groß sind eigentlich Österreichs Probleme mit Wirtschaftskriminalität?
Erheblich, hier hat uns schlicht das weltweit vernetzte kriminelle Know-how überholt. Wir haben deutlichen Aufholbedarf.
Wissen Sie schon, wie Sie die Sparvorgaben des Finanzministers umsetzen?
Ich weiß, wie ich die Ziele - 42 Millionen 2011, 63 Millionen 2012 und 82 Millionen 2013 bei einem Budget von 1,1 Milliarden - erreichen will, das ist auch eine Chance für weitere strukturelle Veränderungen. Aber noch ist nichts politisch akkordiert.
Ex-Bawag-General Helmut Elsner beschuldigt Sie aus der U-Haft der Lüge und Korruption. Warum klagen Sie eigentlich nicht dagegen?
Ich habe nicht vor, ihm diesen Gefallen zu tun. Genau das will er meiner Ansicht nach mit seinen Aussagen provozieren.
Claudia Bandion-Ortner (43) ist seit Jänner 2009 Justizministerin. Als Richterin leitete sie zuvor den Bawag-Prozess.