)
Sexuelle Diskriminierung wird als Asylgrund selten akzeptiert.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Der Iran ist in einer Sache Meister: In keinem anderen Land werden so viele Geschlechtsumwandlungen vollzogen wie in der Islamischen Republik. Gibt es im Gottesstaat mehr Männer und Frauen, die sich im falschen Geschlecht fühlen, als in anderen Ländern? Das Problem ist vielschichtiger, wie eine Vernissage der iranischen Künstlerin Asoo Khanmohammadi im Brick 5 in der Fünfhausgasse im 15. Bezirk ab morgen, Samstag, zeigt.
Im Rahmen der einwöchigen Veranstaltungsreihe "Das künstliche Geschlecht" präsentiert die Fotografin ihre Ausstellung. Die Eventreihe widmet sich bis 31. Mai mit Filmen und Diskussionen Themen der Bi-, Inter- und Transsexualität im orientalischen Raum.
Khanmohammadi hat beispielsweise monatelang homo- und transsexuelle Personen im Iran begleitet. In ihren Schwarz-Weiß-Fotografien dokumentiert sie nicht nur ihren Alltag, sondern zeigt auch ein anderes Gesicht des Iran. Während nämlich Homosexualität verboten ist und laut Irans Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad gar nicht existiert - ist Transsexualität sehr wohl erlaubt.
Revolutionsführer Ayatollah Khomeini hat 1987 eine Fatwa, ein islamisches Rechtsgutachten, erlassen, das die Geschlechtsumwandlungen erlaubt. Da im Iran auf Homosexualität die Todesstrafe steht, versuchen es viele iranische Homosexuelle mit einer Geschlechtsumwandlung. "Trotz der Fatwa sind jedoch transsexuelle Personen im Iran gesellschaftlich noch nicht akzeptiert. Sie werden oft diskriminiert und zur Prostitution gezwungen. So entstand eine neue Subkultur in den Metropolen Irans", erklärt Negar Laura Roubani, die Präsidentin der Oriental Queer Organisation Austria (ORQOA).
In Österreich kein anerkannter Asylgrund
Der Verein wurde 2010 gegründet, um die Diskriminierung und Vorurteile gegenüber der migrantisch-orientalischen Community, deren sexuelle Orientierung nicht heterosexuell ist, in Österreich zu bekämpfen. Außerdem organisiert der Verein auch die Veranstaltungsreihe, die in der heimischen Bevölkerung Bewusstsein für die Problematik von LGBTIQ-Personen (Lesbian, Gay, Bi-, Trans-, Intersexuell und Queer) schaffen soll.
Denn nicht nur im Iran, in dem mehr als 4000 Homosexuelle seit der Islamischen Revolution 1979 hingerichtet wurden, werden LGBTIQ-Personen verfolgt und diskriminiert, sondern auch in vielen anderen orientalischen Ländern. Viele betroffene Männer und Frauen fliehen aus ihren Herkunftsländern und suchen im Ausland um Asyl an.
"Obwohl dies sowohl ein gesellschaftliches als auch ein politisches Problem für die Betroffenen darstellt, ist es kein anerkannter Asylgrund in Österreich", erklärt die Austro-Iranerin Roubani.
Die Anzahl der LGBTIQ-Personen in Österreich mit migrantischem Hintergrund wird auf 100.000 Männer und Frauen geschätzt. Durch die Vernetzung mit anderen Menschenrechtsorganisationen, aber auch durch Mundpropaganda hat sich die Organisation mittlerweile zu einer Anlaufstelle für Asylbewerber aus orientalischen Ländern entwickelt, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden.
Zurzeit betreut ORQOA vier Personen bei Asylverfahren in Österreich und 20 weitere, die auf der Flucht sind. Diese Betreuung reicht von psychologischer Unterstützung, rechtlicher Beratung bis hin zur Alltagsbegleitung. Neben dieser Betreuung macht der Verein auch Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Im Rahmen der einwöchigen Veranstaltungsreihe "Das künstliche Geschlecht" wird es unter anderem auch eine Podiumsdiskussion geben, die auf die Situation der LGBTIQ Flüchtlinge in Österreich näher eingeht. Filme und Dokumentationen aus der Türkei, Israel und dem Iran sollen das Publikum weiter sensibilisieren.
"Mit diesem Programm wollen wir auf mehrfache Diskriminierung und die gesetzliche und psychologische Situation vieler Menschen aufmerksam machen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung auf der Flucht sind", sagt Roubani.