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Warum jemand etwas lustig findet. | Tagung der Uni Graz: Praktiker wie Alfred Dorfer lassen sich in die Karten schauen. | Wien. In Österreich gelten amerikanische Gags meist als "flach", britischer Humor als "schräg" und deutscher Witz als "unlustig". Warum jemand etwas lustig findet oder nicht, beziehungsweise wer wann worüber und warum lacht - dieser Frage gehen Literatur-, Theaterwissenschafter, Soziologen und Kabarettisten von 2. bis 4. Juni bei einer Tagung über "Das Lachen und das Komische" an der Universität Graz nach.
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"Lachen gehört zum Wesentlichen des Menschen", sagt die Grazer Germanistin und Organisatorin Beatrix Müller-Kampel zur "Wiener Zeitung". Doch innerhalb welcher Grenzen Humor stattfinden darf, sei vor allem durch kulturelle Gesetzmäßigkeiten bedingt. Hier nennt sie den Karikaturenstreit aus dem Jahr 2005: In der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" waren Mohammed-Karikaturen erschienen, die als "Spottbilder" in der gesamten islamischen Welt für Demonstrationen und sogar Todesdrohungen sorgten.
Noch im Mittelalter war gerade im Karneval jede Verhöhnung erlaubt, wie der französische und deutsche Adel erfahren musste. Im 18. Jahrhundert wurde hingegen besonders im deutschen Sprachraum die Zahl der Tabus, über die man nicht lachen durfte, ausgeweitet. Komik war konfessionell kodiert. So waren es der deutsche Kaiser Joseph II. oder der Schriftsteller Johann Christoph Gottsched, die die alte, obszöne, fäkale Hans-Wurst-Komik verbieten wollten. Das gelang ihnen nicht ganz - jedoch wurde die Komödie die Moral nicht mehr los.
Das Lachen gilt als Erholung, als Spiel, Trost, aber auch als Waffe. Dem Lachen als Waffe nehmen sich vor allem Satiriker und Kabarettisten an. Diktatoren würden hier einhaken, erklärt Müller-Kampel. So wurde während der NS-Zeit der sogenannte Flüsterwitz populär. Witze konnten nur geheim weitererzählt werden, da sonst Gefängnis oder sogar der Tod drohten. Kluge Diktatoren hingegen wissen, dass Lachen systemstabilisierend sein kann. "Denn Lachen hat ein Ventil. Wenn man fertig gelacht hat, verändert sich trotzdem nichts."
Klar ist, dass Lachen seit jeher für die Forschung geheimnisvoll ist, so Müller-Kampel. Denn unterschiedliche Menschen lachen über unterschiedliche Witze - ob nach Geschlechtern, Religionen oder kulturell gesehen.
Humorlose Frauen?
Das lang gehegte Klischee, dass Frauen humorloser sind als Männer, kommt nicht von ungefähr. "Wer im Alltag mehr Freiheit, Souveränität und Geschick hat, Komik zu produzieren, ist humorvoller." Frauen waren über Jahrhunderte stärker im Alltag gefangen, was sich für den Humor nicht förderlich erwiesen hat. Mit der vermehrten Selbständigkeit der Frauen hat sich dies verändert. So sind auch immer mehr Kabarettistinnen unterwegs.
Heutzutage fällt die Komik häufig der politischen Korrektheit zum Opfer, die vorschreibt, worüber man Witze machen darf. Der politisch korrekte Mensch wird weder Witze erzählen noch darüber lachen. Denn er sieht darin lauter kleine Tabubrüche, die entgegen seinen Regeln nicht angesprochen werden dürfen.
Komik ist ein Gruppenphänomen und hat viel mit Erwartungshaltung, aber auch Vorwissen zu tun: "Wenn der Schmäh rennt und jemand dazu kommt, der kein Vorwissen in der In-Group besitzt, ist er ausgeschlossen." Auf der Tagung sollen die Vorträge und Diskussionen so fröhlich wie möglich angelegt sein, betont Müller-Kampel. So sind Praktiker wie der Kabarettist Alfred Dorfer, der Medienkünstler Lino Wirag und der Autor Josef Haslinger angekündigt. Dorfer präsentiert sich auch als Literaturwissenschafter und wird über Geschichten aus seiner eigenen Werkstatt plaudern.