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Das Ländermatch um Thermen

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Immer mehr Heilbäder schlittern in immer größeres finanzielles Unheil.


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Die Vamed-Gruppe pflegt gesunde Geschäfte zu machen: Ihre Projektpalette reicht vom Spital in Saudi-Arabien über ein Krebs-Institut in Malaysia bis zum Neubau der Therme Wien-Oberlaa. Das Unternehmen bekam erst kürzlich von der World Travel Group eine Art Oscar der Reisebranche - als "World’s Leading Medical Wellness & Spa Operator".

Unter der 2006 gestarteten Dachmarke "Vamed Vitality World" betreibt die Vamed AG gleich acht heimische Thermen- und Gesundheitsressorts, wo sich jährlich 2,4 Millionen Gäste verwöhnen lassen wollen. Mit 28,5 Prozent Marktanteil ist sie Primaballerina in einem stürmisch wachsenden Tourismussegment, in dem etliche Mitbewerber kommerziell auszurutschen drohen. Die rund 40 rot-weiß-roten Bade-Tempel, die fast alle im selben Gewässer fischen, liefern einander seit Jahren einen beinharten Verdrängungswettbewerb. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr neue Thermen-Anlagen aus dem Boden schießen und Überkapazitäten zum gewaltigen Problem werden, steht etlichen das Wasser bereits bis zum Hals.

Österreichweiter Investitionsboom

In den vergangenen Jahren wurde österreichweit auf Teufel komm raus investiert, ein Thermalbad nach dem anderen eröffnet und beinahe jedes Kurzentrum saniert oder erweitert: 2008 sperrten beispielsweise das unter keinem guten finanziellen Stern stehende Aqualux in Fohnsdorf sowie die Asia Therme Linsberg im niederösterreichischen Bad Erlach auf, die ebenfalls alsbald in einem Bilanz-Schlamassel unterzugehen drohte. Zwei weitere - das Life Medicine Resort in Bad Gleichenberg und die Salzkammergut Therme in Bad Ischl - sind nach Umbauarbeiten wieder in Betrieb. Allein 2008 wurden zusätzliche Kapazitäten für 400.000 Tagesgäste geschaffen - tatsächlich plantschten allerdings nur 200.000 mehr als zuvor in warmen Heilgewässern.

Ein Jahr darauf sperrte im burgenländischen Seewinkel die St. Martins Therme auf, und im steirischen Bad Mitterndorf ging die neue Grimming Therme an den Start. Die österreichweiten Besucherzahlen stagnierten indes bei 7,6 Millionen Gästen. 2010 feierte sodann die Therme Amadé in Altenmarkt (Salzburg) Premiere, und nur wenig später stand auch die 48.000 Quadratmeter große "Tauern Spa World" in Zell am See zur Verfügung.

Fast zeitgleich öffnete die Therme Wien auf einem 75.000 Quadratmeter-Areal mit 26 Becken und 24 Saunakabinen und Dampfbäder ihre Tore. Der 300-Mann-Betrieb wurde seither von einer Million Menschen besucht.

Vielfach Rückgänge

bei den Besucherzahlen

Österreichs Thermen-Inhaber scheinen - von ausländischen, meist preislich weitaus günstigeren Mitbewerbern in Slowenien, Ungarn und der Slowakei, umzingelt - den Boom regelrecht zu genießen. Hatten sie 2007 bis 2010 summa summarum 350 Millionen Euro investiert und das heimische Gesamtangebot um ein Drittel vergrößert, baden sie weiterhin in Euphorie - auch wenn der Marktforscher Andreas Kreutzer die Branche bereits seit Jahren vor "Harakiri" und einem "Dominoeffekt" warnt. Zurzeit werden gewaltige Summen in das nicht immer heilsame Geschäft mit Heil-, Kur- und Thermaloasen gepumpt, um beim Kampf jeder gegen jeden Oberwasser zu behalten.

Die Investitions-Lawine erfreut zwar etwa die derzeit rund 1000 Wellness-Hotels in ganz Österreich, die ebenfalls aus dem Boden schießen - pro Jahr kommen 50 bis 70 neue Anbieter dazu. Dennoch geht die Rechnung nur für wenige Thermen auf: Über das All-Time-High im Vorjahr, als 8,5 Millionen Tagesgäste registriert wurden, konnten sich lediglich acht Anbieter freuen, darunter jene in Wien und Zell am See. Alle übrigen mussten, trotz der 6,4-prozentigen Steigerung, bisweilen empfindliche Rückgänge bei den Besucherzahlen hinnehmen und lagen teilweise deutlich unter der durchschnittlichen Auslastung von 75 Prozent.

Die Vamed diktiert als führender Thermenbetreiber des Landes das Tempo: Mit der neuen Wien-Therme, der Therme Laa an der Thaya samt Hotel & Spa, der St. Martins Therme & Lodge im burgenländischen Seewinkel und Aqua Dome im Tiroler Ort Längenfeld ist sie gut aufgestellt. Derzeit steckt sie gerade 21,5 Millionen Euro in die bereits fünfte Ausbaustufe der oberösterreichischen Therme Geinberg mit elf Spa-Villen und Hamam-Bereich.

In Erfolgserlebnissen baden möchte auch der Lokalrivale, die OÖ. Thermenholding: Sie betreibt in Bad Schallerbach, Bad Ischl und Bad Hall drei Eurothermen-Resorts und hat erst kürzlich ihren Besuchermagneten Schallerbach (700.000 Besucher pro Jahr) aufgemöbelt. Dort wird neuerdings Südsee-Flair mit Palmen und Sandstrand geboten. Im Vorjahr sorgte Thermenchef Markus Achtleitner dank 1,3 Millionen Gäste für einen Rekordumsatz von 47 Millionen Euro. Geplant ist ein vierter Standort, der ab 2014 in Gmunden gebaut werden soll.

Mehrere Projekte

in der Pipeline

In der Pipeline befinden sich derzeit österreichweit mehrere Thermen-Projekte: Auffällig dabei ist allerdings, dass die bisher führenden Bundesländer Steiermark und Niederösterreich mit derzeit jeweils zehn Standorten, aber auch das Burgenland mit fünf Standorten zurückhaltend sind. Im Ländermatch um neue Heil- und Kurzentren geben vielmehr Kärnten, Salzburg und Tirol Gas.

In Kärnten, wo mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung soeben eine neue Anlage in Warmbad Villach entsteht, befindet sich ein Objekt in St. Kanzian in der Planung. In Salzburg wiederum wird - zum Leidwesen der Gasteiner Platzhirsche Alpen- und Felsentherme - am neuen "Saalach Resort" in St. Martin bei Lofer getüftelt. Das von sieben Pinzgauer Gemeinden forcierte Bauvorhaben soll inklusive eines 15-stöckigen Hotelturms von Schweizer Finanziers über die Theba Saalachtal GmbH um 60 Millionen Euro realisiert werden. Erst vor zwei Jahren gingen in Salzburg die Therme Amadé und das Tauern Spa in Betrieb, die je 350.000 Gäste pro Jahr anpeilen.

Auch Tirol, bisher nur mit dem Aqua Dome und dem Kurzentrum Bad Häring im Spiel, möchte kräftig aufholen: Erst vor wenigen Monaten wurden das Kurzentrum Umhausen und die Alpentherme Ehrenberg in der Naturparkregion Reutte eingeweiht. Das eine setzt auf mehr als 200 Millionen Kubikmeter Grundwasser im Boden, das durch das Edelgas Radon zu Heilwasser wurde, das andere auf Thermalwasser mit einem Solegehalt von drei Prozent. Doch damit nicht genug: Eine Investorengruppe rund um den Kufsteiner Engelbert Künig setzt, obwohl bei einem Großprojekt in Absam gescheitert, auf Expansion - das muss aber nicht in Tirol sein. Reges Interesse besteht am Bau eines Kurhotels im oberösterreichischen Bad Goisern. Künig, der exzellente Kontakte zu Krankenkassen und Pensionsversicherungsanstalten unterhält, hat schon acht Anstalten mit 4-Stern-Komfort - von Bad Bleiberg bis Bad Vöslau - im Portfolio.