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Die künftige EU-Kommission um Jean-Claude Juncker stellt sich der Abstimmung im Parlament.
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Brüssel/Straßburg. Schließlich ging dann doch alles nach Zeit-Plan. Das Tauziehen um die Bestellung der nächsten EU-Kommission wurde rechtzeitig beendet, um die ursprünglichen Termine einzuhalten. Kurz vor dem für den heutigen Mittwoch angesetzten Votum über die Behörde rund um den designierten Präsidenten Jean-Claude Juncker haben die EU-Mandatare die zwei letzten Kandidaten bestätigt. Violeta Bulc erhielt ebenso die Zustimmung des zuständigen Ausschusses wie Maros Sefcovic. Die Slowenin soll Verkehrskommissarin werden, der Slowake wird als Vizepräsident der Kommission für die Errichtung der Energieunion verantwortlich.
So wird das Plenum der Volksvertretung nur eineinhalb Tage nach den letzten Anhörungen in geheimer Abstimmung über die künftige Kommission entscheiden. Diese kann nur in ihrer Gesamtheit abgelehnt oder angenommen werden. Vor dem Votum hat Juncker das Wort, der seine Mannschaft vorstellt.
Es ist nicht der erste parlamentarische Auftritt des Luxemburgers in seiner Rolle als künftiger Kommissionspräsident. Denn in diesem Amt hat ihn das EU-Abgeordnetenhaus bereits im Sommer bestätigt. Schon damals hat Juncker sein Programm für die kommenden fünf Jahre skizziert.
Ein letztes Mal hingegen trat am Dienstag der scheidende Leiter der Brüsseler Behörde vor die Versammlung in Straßburg. Jose Manuel Barroso zog Bilanz. Einmal mehr betonte er, welche Anstrengungen die EU unternommen hat, um die Schlagwörter von Wirtschaftswachstum und Jobbeschaffung mit Leben zu erfüllen.
Politischer Anspruch
Den Lobesworten stellen aber Kritiker die weniger positiven Leistungen des Teams um Barroso entgegen. Dieses hat seine Arbeit in einer Zeit aufgenommen, als die Eurozone gerade in eine schwere wirtschaftliche und finanzielle Krise schlitterte. Die Agenda 2020, die von der Förderung der Forschung über die Reduktion von Treibhausgasen bis hin zur Erhöhung der Beschäftigtenquote etliche Pläne umfasste, ließ sich nicht umsetzen. Die Vertiefung der Europäischen Union und damit die Idee von mehr Integration stieß bei weiten Teilen der Bevölkerung auf Skepsis. Zum Unbehagen über die ökonomische Situation gesellten sich so Zweifel über die institutionelle Stärke der EU.
Beides wird auch Juncker nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Erst vor kurzem hat Barroso seinen Nachfolger in einem Zeitungsinterview davor gewarnt, mit seiner Behörde zu sehr zu politisieren. Denn vor allem in Krisenjahren sollte die Kommission eher als Vermittlerin fungieren. Polarisierung würde da nur wenig helfen, meinte der Portugiese.
Ob Juncker darauf hören wird, ist fraglich. Immerhin ist er mit dem Anspruch angetreten, der Kommission eine höhere politische Bedeutung zu verleihen. Zu dem Zweck hat er auch seine Mannschaft anders strukturiert als es zuvor der Fall war. Die Aufgabengebiete der einzelnen Kommissare werden gebündelt und unter der Leitung eines Vizepräsidenten zusammengefasst. Eine herausragende Rolle fällt dabei einem der sieben Stellvertreter zu: Der Niederländer Frans Timmermans soll als rechte Hand Junckers nicht zuletzt die Verteilung der Kompetenzen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission neu justieren. Wie sehr sich die Länder darauf einlassen, ist ebenso fraglich.