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Das Leben der E-Book Reader ist teuer und kurz

Von Gerald Jatzek

Analysen
Studie: Handy mit rollbarem Display.
© Philips

1971 rief Michael Hart das "Project Gutenberg" ins Leben, mit dem Ziel, die wichtigsten schriftlichen Zeugnisse der Menschheit zu digitalisieren und frei zugänglich zu machen. Heute umfasst die Sammlung Zigtausende Werke, die Magna Charta ebenso wie die King James Bible, die gesammelten Werke von H. G. Wells wie die "Constitution of the Iroquois Nations".


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Die beim "Spiegel" angesiedelte deutschsprachige Version bietet etwa die Sigmund Freud-Werkausgabe zum kostenlosen Download an. Alternativ kann man sich eine CD-ROM mit über 5000 Buchseiten zum Lesen im Browser und als PDF um 19,90 Euro schicken lassen.

Das elektronische Buch existiert also seit rund 40 Jahren in diversen Dateiformaten, und es wird auf zahlreichen Geräten gelesen. Für die Lektüre ist ein PC ebenso geeignet wie ein Notebook oder ein Netbook, ein Smartphone oder ein iPod Video. Das weiß natürlich auch Amazon, weshalb man das Programm für die Lektüre der elektronischen Bücher aus dem eigenen Laden für alle Plattformen kostenlos anbietet.

Der E-Book Reader "Kindle" ist daher so wenig der Nachfolger des gebundenen Buches wie die Konkurrenzprodukte von Sony & Co. Im Gegenteil, die Geräte schränken die Möglichkeiten der Informationstechnologien drastisch ein:

- Sie wollen einen Text über die minoische Kultur im Reiseführer mit eigenen Fotos und einem Bild des Diskos von Phaistos ergänzen? Unmöglich auf einem E-Book, mit dem Smartphone kein Problem.

- Sie wollen einem Multimediasprachkurs folgen, bei dem Ihnen das Gerät die Namen hebräischer Buchstaben vorliest, während sie das Schreiben der Buchstaben auf dem Display üben? Damit sind selbst E-Book Reader mit MP3-Wiedergabe überfordert, ein entsprechendes Programm fürs iPhone kostet 2,39 Euro.

- Sie wollen endlich das Periodensystem verstehen und suchen ein elektronisches, deutschsprachiges Buch, das die Elemente in interaktiver dreidimensionaler Darstellung präsentiert? Das gibt es, allerdings nur fürs iPad. Die Anwendung heißt Elements und spielt automatisch aktuelle Informationen wie die Metallpreise ein.

Wann immer es um Verknüpfungen von Informationen quer durch die Medien geht, um Hypertext also, schauen die E-Book Reader alt aus. Und wenn es um Leserreaktionen geht, wirken sie sogar älter als traditionelle Bücher auf Papier.

Älter als Papier

Dort kann man den Rand problemlos mit schriftlichen Anmerkungen in drei Farben sowie Skizzen und Pfeilen versehen, Kindle & Konsorten erlauben hingegen nur einfache Notizen.

Bleibt als letztes Argument für die bis 300 Euro teuren E-Book Reader die Größe der Displays. Doch auch dieser Vorteil wird nicht von Dauer sein. Digitales Papier mit hervorragendem Kontrast lässt sich bereits rollen und falten.

Wer E-Books großflächig lesen will, wird in absehbarer Zeit zu Handys mit ausziehbaren dünnen Displays greifen. E-Book Reader hingegen werden in einigen Jahren wohl neben Kassettenrekordern auf dem Flohmarkt zu finden sein...