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Das lebendige Schaufenster

Von Anja Stegmaier

Wirtschaft
"Unser Geschäft soll ein Erlebnis mit allen Sinnen sein", sagt Miriam Cervantes.
© Calienna

Miriam und Christian Cervantes eröffneten im Corona-Jahr ihr Pflanzengeschäft "Calienna". Mit Instagram, einem Webshop und QR-Codes trotzten sie der Krise.


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Viel Bauchweh, wenig Schlaf. So beschreibt Miriam Cervantes die Gefühle zur Eröffnung ihres Pflanzengeschäftes "Calienna" Anfang September im vergangenen Jahr. Doch ihr Mann Christian und sie dachten sich, dass es gerade jetzt wichtig sei, für die Leute da zu sein. Denn Unterstützung der seelischen Gesundheit und lebendiges Grün für Zuhause sind in der Corona-Krise gefragt wie nie. "Wir haben gesagt, wir folgen jetzt unserem Bauchgefühl und sperren trotzdem auf", so Miriam.

Das Geschäftslokal in der Neubaugasse in Wien ist eine grüne Oase, voller Zimmerpflanzen samt Zubehör, Büchern, Kosmetik und Designobjekte unter dem Motto "Grow every day", also wachse jeden Tag. Ein Ort für alles was es braucht, um sich für das eigene Wachstum inspirieren zu lassen. Auch eine Galerie ist geplant, wo Events zum Thema veranstaltet werden sollen.

Anstrengend und lehrreich

Die beiden Jungunternehmer sind in den vergangenen Monaten auch ganz schön gewachsen, "einerseits war es sehr anstrengend, eine Riesenherausforderung - andererseits haben wir viel gelernt und können aus dieser Zeit sehr viel mitnehmen", sagt die gebürtige Tirolerin. Zwei Lockdowns musste "Calienna" meistern. Zunächst wollten die Cervantes mit ihren Kunden in Kontakt bleiben und ihnen bei der Pflanzenpflege zuhause mit Tipps und Tricks zur Seite stehen. Via Instagram posteten sie "Plant Care Videos", in denen sie zeigten, wie man seine Pflanzen richtig hegt und pflegt. Beim zweiten Lockdown im Winter eröffneten sich dann neue Möglichkeiten. War zuvor "Click&Collect" nicht erlaubt, war es nun möglich, dass Kunden Produkte online einkaufen um sie dann kontaktlos im Geschäft abzuholen. Generell ist es schwierig und sehr verpackungsaufwendig Pflanzen per Post zu verschicken, aber gerade im Winter wären die Pflanzen wohl nicht gesund beim Empfänger angekommen, erklärt Miriam die Herausforderungen beim Onlinehandel mit Pflanzen.

Aber auch für Click&Collect braucht es einen Webshop - und ein Webshop braucht eine Webseite. In nur einer Woche baute Christian die Infrastruktur für den Online-Verkauf. Der gebürtige Kalifornier und seine Frau sind ziemliche Perfektionisten. Christian war Kreativdirektor und ist sehr verliebt in Details, erzählt Miriam. "Wir wussten nicht, wie lange das Ganze dauert. Wir wussten nur: wir müssen jetzt einfach was tun." Eine Herausforderung in der Krise war also auch, den Perfektionismus hinter sich zu lassen. "Im Nachhinein bin ich so dankbar, dass es so gekommen ist, denn wir haben uns einfach mit dem abfinden müssen, was wir tun haben können in der Zeit. Es war einfach wichtiger schnell, so einfach wie möglich und günstig etwas zu produzieren, als es perfekt zu machen", sagt Miriam. Jetzt sind beide "total happy" mit dem Ergebnis und werden nichts daran ändern. "Es war ein guter Push für uns", so die Pflanzenhändlerin.

Passantenfrequenz nutzen

Der Versuch habe "super funktioniert", Woche für Woche sei das Angebot und die Nachfrage gewachsen, so Miriam. Das Ehepaar fotografierte die Pflanzen ab, stellte sie in den Shop und die Kunden holten sie ab. "Als wir die vielen Stunden im Shop gearbeitet haben, haben wir bemerkt, dass ständig Leute auf der Gasse unser Schaufenster anschauen, da merkten wir, das hat riesiges Potenzial", erzählt Miriam. Das Ehepaar gestaltete die Auslage zum "Living Window" um und inszenierte eine Bühne für ihre Pflanzen. So konnten sie auch während des Lockdowns die relativ hohe Passantenfrequenz auf der Einkaufsstraße nutzen. Die Pflanzen wurden nummeriert und ein Aushang mit der Nummer und einem QR-Code versehen. Der Kunde kann sich eine Pflanze anschauen, den Code am Smartphone einscannen und online bestellen.

Die kreativen Ideen ersetzen den stationären Handel aber nicht. "Unser Geschäft soll ein Erlebnis mit allen Sinnen sein, das ist mit einem Webshop nicht zu schaffen", sagt Miriam. Mit den Lockerungen pausiert Click&Collect, aber sollte die Situation sich ändern, kann "Calienna" in nur einem Tag den Verkauf umstellen, "das ist ein angenehmes Gefühl", so die Gründerin.

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