)
Leiche des argentinischen Ex-Staatschefs ins Mausoleum überführt. | Amtierender Präsident hatte sich schon früh vom Parteigründer losgesagt. | Buenos Aires. (dpa) "Peron hält Wort. Das Volk hält zu Peron", ist dieser Tage auf tausenden Plakaten des argentinischen Gewerkschaftsbundes CGT in Buenos Aires zu lesen. Dem Aufruf der mächtigen Gewerkschaften folgend säumten am Dienstag Tausende die Straßen der Metropole und jubelten einem Toten zu. Dann wurde der Sarg mit den sterblichen Überresten Juan Domingo Perons, des 1974 verstorbenen Gründers der wichtigsten politischen Bewegung des Landes, aus der Familiengruft geholt und durch die Stadt gefahren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ziel der letzten Reise Perons nach einer kurzen Pause vor der CGT-Zentrale war ein unter Millionenaufwand errichtetes Mausoleum in der Vorstadt San Vicente. Dort, auf seinem ehemaligen Wochenend-Sitz, soll der General die letzte Ruhe finden. Dass sich weniger Bürger für die Totenfahrt interessierten als von den Gewerkschaften erhofft, verwundert kaum. "Das bewegt die Argentinier nicht mehr so sehr, denn das alles liegt schon sehr weit zurück", meint der Journalist Mario Wainfield.
Ideologischer
Selbstbedienungsladen
"Peron hält Wort", aber die Frage, was der dreimalige Staatschef denn eigentlich versprochen hat, entzweit das 38-Millionen-Volk, seit er 1946 zum ersten Mal zum Präsidenten gewählt wurde. Für die Gegner des Peronismus war der von ihm propagierte Dritte Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus ein Irrweg, der das einst reiche Land durch Misswirtschaft und hemmungslose Korruption ins Chaos stürzte.
Und nicht nur das Volk, sondern auch die peronistische Gerechtigkeitspartei (PJ) von Präsident Nestor Kirchner ist gespalten. Der Peronismus ist für viele immer noch ein ideologischer Selbstbedienungsladen, auf den sich Linke wie Rechte berufen können. Dem seit 2003 amtierenden linksgerichteten Kirchner kommt der Pomp um Peron vor der Wahl im nächsten Jahr höchst ungelegen, denn der Chef der Peronisten hat es nicht so sehr mit Peron.
Der Bruch liegt schon lange zurück. Als Peron kurz vor seinem Tod bei der berühmten Rede auf der Plaza de Mayo vor dem Präsidentenpalast Casa Rosada die peronistische Jugend, darunter auch den jungen Kirchner, als pöbelnde Rotznasen abkanzelte, zogen sich diese vom Platz und von ihrem Idol zurück. Ihren Traum, mit Peron im Präsidentenpalast das erzkonservative katholische Land mit einer linken Revolution umzukrempeln, gaben sie endgültig auf, und viele von ihnen schlossen sich dem bewaffneten Kampf der Montonero-Rebellen an. Zwei Jahre später putschten die Militärs und erstickten den Aufruhr in einer Orgie der Gewalt.
Kirchners wirkliche Heldin war ohnehin die von Millionen als heilige, als "Santa Evita" verklärte, früh gestorbene erste Frau Perons. Als Kirchner am vergangenen 25. Mai, dem Nationalfeiertag, nun selbst Präsident, auf der Plaza de Mayo sprach, erinnerte er an den Auszug vor 32 Jahren. "Brüder und Schwestern, Genossinnen und Genossen, Argentinierinnen und Argentinier: Nun sind wir doch wieder auf den ruhmreichen Platz zurück gekommen, das ganze argentinische Volk." Und dann fügte er hinzu: "Auf diesen Platz, den Platz der Arbeiter, den Platz Evas". Von Peron kein Wort. Hartnäckig halten sich Gerüchte, Kirchner wolle sogar eine neue Partei gründen.
"Die linken Peronisten haben Evita immer etwas überhöht, und zu denen zähle ich auch Kirchner", sagt der Peronismus-Experte Aníbal Jozami. Den Organisatoren der letzten Reise Perons, die vor allem zum konservativen Lager innerhalb des Peronismus gehören, geht das alles gegen den Strich. "Das Land wird von den Montoneros regiert", lautet ihre Kritik.
Mit der Beisetzung Perons im pompösen Mausoleum wollen sie vor allem eines: Die Anhänger des Gründervater der Bewegung in diesem Machtkampf gegen Kirchner in Stellung bringen.