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Das letzte Wort hat das Geld

Von Martin Ploderer

Gastkommentare
Martin Ploderer ist Schauspieler und freier Kulturschaffender.

Die Finanzierung von Kunst und Kultur braucht ein radikales Umdenken.


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Ganz ehrlich, mir wäre es ja viel lieber, es gäbe gar keine Subventionen, Beihilfen und Querfinanzierungen aller Art. In einer gesunden Gesellschaft finanzieren sich die not-wendigen (der Begriff kommt vom Wenden der Not) Dinge von selbst. Nur - wir sind eben keine gesunde, sondern eine durchregulierte Gesellschaft. Deshalb kommt es nur ganz, ganz selten vor, dass es einer kleinen, schwachen Pflanze gelingt, sich einen Weg durch den Beton zu bahnen, um blühen zu können.

Also müssen wir eben von den Gegebenheiten ausgehen. Diese heißen: Das letzte Wort hat das Geld. Und das Geld hat seine eigenen Gesetze, zumindest wenn man ihm dient, anstatt es dienen zu lassen. Wirtschaft, Politik und Verwaltung sind Knechte des Geldes. Das allerletzte Totschlagargument, um eine Entscheidung durchzusetzen, ist stets: "Das ist zu teuer." Oder: "Das bringt mehr." Die Logik des Geldes ist die letzte Instanz. Statt zu dienen, wird es bedient.

Weise Herrscher hielten sich stets Hofnarren, deren Aufgabe es war, ihnen jene Wahrheiten zu sagen, die auszusprechen sich die Hofschranzen nicht trauten. Eine der Rollen von Kunst und Kultur ist jene des Hofnarren. Aber Wirtschaft, Politik und Verwaltung sind in sich selbst abgeschlossene Systeme, die sich selbst genügen und höchstens noch untereinander kommunizierenden. Um das diesen Spaß finanzierende und daher ausgelaugte Volk ruhig und möglichst bei Laune zu halten, werden die eingangs erwähnten Subventionen, Beihilfen und Querfinanzierungen aller Art verstreut. Aber nur so, dass das Geld dennoch innerhalb dieses geschlossenen Kreislaufs verbleibt. Es ist daher wirklich ein radikales Umdenken not-wendig, ja eine Voraussetzung für das Überleben unserer Gesellschaft.

Kunst und Kultur (kommt von "Kult"), vom Menschen geschaffene immaterielle und nicht wäg- und messbare Werte, geben dem Leben, was Geld nicht geben kann: nämlich Sinn. Und Sinn bekämen auch Wirtschaft, Politik und Verwaltung, wenn sie sich Kunst und Kultur unterordnen wollten - jawohl, genau so: unterordnen. Die Finanzierung, das heißt die Ermöglichung von Kunst und Kultur, darf kein gnädiges Verteilen von Almosen sein, vielmehr sollte die Ermöglichung dieser menschlichen Aktivitäten das eigentliche Ziel, der eigentliche Sinn und Zweck allen anderen Tuns sein - denn was dadurch allen Mitgliedern der Gesellschaft zugute kommt, ist mit allem Gold der Welt nicht aufzuwiegen: eine sinnerfüllte Existenz.

Mindestens 80 Prozent dessen, was heute unter "Kunst und Kultur" firmiert, ist mehr oder weniger Mist. Aber das sind mindestens 80 Prozent dessen, was Politik und Wirtschaft zur Unterhaltung und Beschäftigung der Bevölkerung produzieren, ebenfalls - es wäre also nur eine Art Herstellung des Gleichgewichts.

Dass jene, die glauben, die "Mächtigen" unserer Gesellschaft zu sein, Kunst und Kultur als Sparposten sehen, zeigt nur, dass sie einfach nichts verstanden haben und an dem Ast sägen, auf dem sie selber sitzen. Das werden sie zwar merken, wenn es zu spät ist, aber sie werden auch dann die Zusammenhänge nicht erkennen und schon gar nicht zugeben.