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Das Menschenrecht auf "Bail-Out"

Von Christian Ortner

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Wer dieser Tage weder übermäßig verschuldet ist noch nennenswert Steuern hinterzieht, dubiose Provisionen kassiert, hochspekulative derivative Geldanlagen auf Kredit finanziert, behände an der Grenze zwischen bloß noch unseriös und doch schon kriminell entlangturnt oder Finanzminister irgendeines Pleite-Staates ist - wer also einfach ein halbwegs seriöser Zeitgenosse zu sein versucht, der darf sich gratulieren: zur wohlerworbenen Auszeichnung "Idiot des Jahres".


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Egal, an welcher Stelle man derzeit eine Zeitung aufschlägt, es dröhnt einem fast immer die gleiche Botschaft entgegen: Schlitzohriges, unseriöses, finanziell fahrlässiges Verhalten zahlt sich letztlich doch irgendwie aus; wer sich hingegen von der bürgerlich-liberalen Tugend des "das tut man einfach nicht" leiten lässt, steht am Ende als Depp da.

Und zwar auf allen Ebenen. Deshalb dürfen nun Staaten und Länder, die (eh nur vergleichsweise) achtsam haushalten, für jene den Kopf - und den Euro - hinhalten, die grob fahrlässig Schulden aufhäuften, also etwa die Österreicher für die Kärntner genauso wie die solideren EU-Europäer irgendwann in den nächsten Monaten für die Griechen, auch wenn sich die Union noch ein wenig ziert. Wir lernen daraus, liebe Kinder: Wer sich nicht exzessiv verschuldet, muss am Ende dafür auch noch zahlen. Wenn das Menschenrecht auf "Bail-Out" das Insolvenzrecht ersetzt, dann gilt: Wer spart, ist selber schuld.

Ganz ähnlich funktioniert ja derzeit auch die globalisierte Welt der Banken: Wer nicht wieder ordentlich ins Risiko geht, weil der Steuerzahler ja eh mit Schubkarren voll Geld bereitsteht, wenn dieses Risiko schlagend wird, ist selber schuld. Sich strikt an den Tugenden des "ordentlichen Kaufmanns" zu orientieren, grenzt schon wieder an gesellschaftsschädigendes Verhalten und wird an der Börse herzlos bestraft.

Aber auch für jeden Einzelnen lohnt es sich, die Begriffe "legal" und "legitim" nicht allzu eng zu sehen. Sie können als Eigentümervertreter eine Landesbank gegen die Wand fahren oder als Bahnbetrieb ein paar hundert Millionen auf den Finanzmärkten verspielen, ein paar Millionen dubioser Provisionen bei Privatisierungen nach Art des Hauses oder im Waffenhandel kassieren, Sie können das Ganze steuerlich "optimieren" - die Chancen, unbehelligt durchzukommen, liegen nahe an 100 Prozent. Wer sich hingegen damit begnügt, irgendeinem ehrbaren Gewerbe nachzugehen und dessen vergleichsweise kümmerlichen Erträge auch noch versteuert, dem ist beim besten Willen nicht mehr zu helfen.

Man kann das auch als Frage der Verteilungsgerechtigkeit verstehen, nur anders, als sie sonst diskutiert wird. Je klarer sichtbar wird, wie bevorzugt die smarten Schlitzohren, die angeblich "System-Relevanten" und die anderen "Bail-Out"-Berechtigten sind, umso überschaubarer wird die Lust der anderen, zu den gelackmeierten "System-Irrelevanten" zu gehören, die das auch noch finanzieren. Gut vorstellbar, dass dieses System irgendwann unter der Last der eigenen Schlitzohrigkeit kollabiert, weil keiner mehr da ist, der blöd genug ist zu zahlen.