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Das Mikado-Spiel geht weiter

Von Walter Hämmerle / WZ Online

Leitartikel

Hans Niessl hat sein Wahlziel verfehlt: Die absolute Stimmenmehrheit seiner SPÖ ist Vergangenheit. Dabei hat die Landeshauptmann-Partei mit einem umstrittenen Wahlkampf alles auf eine Karte gesetzt.


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Mit einer aggressiven Kampagne, die voll auf die Themen bauen Kernthemen Asyl und Sicherheit sowie auf die Person des Landeshauptmanns zugeschnitten war, wollte die SPÖ ihre Macht verteidigen und den Höhenflug der Freiheitlichen aufhalten.

Diese Strategie ist - auch wenn noch nicht feststeht, ob die absolute Mandatsmehrheit ebenfalls verloren ist - nicht aufgegangen. Die FPÖ hat kräftig zugelegt, das Sprichwort von Schmied und Schmiedl drängt sich auf. Ob der SPÖ-Landeshauptmann mit seiner Kampagne einen noch größeren Erfolg der Freiheitlichen verhindert hat? An diesen Strohhalm werden sich die Verantwortlichen für den Wahlkampf klammern, zu beweisen wird es niemals sein.

Niessl hat seinem Bundesparteichef nicht den so sehnlich herbei gewünschten Wahlerfolg liefern können, auch wenn ein Absturz anders ausschaut. Für die Herbst-Wahlen in Wien und der Steiermark, bei denen auch das Schicksal Werner Faymanns auf dem Spiel stehen könnte, ist aus SPÖ-Sicht weiter höchste Gefahr angesagt: Weder Michael Häupl noch Franz Voves können nach diesem Wahlsonntag ruhig schlafen. Dabei hat sich die Bundespolitik schon im Burgenland bis an die Grenze zur Selbstverleugnung ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich das Land aus der Krise zu führen und das Budget zu konsolidieren, entledigt. Aber SPÖ und ÖVP sind ohnehin wild entschlossen, diese Mikado-Strategie - er zuerst mit dem Regieren beginnt, hat verloren - bis in den Herbst durchzuhalten.

Dabei würde diese Landtagswahl - nüchtern betrachtet - keinerlei Grund für Alarmismus bieten: Die beiden Regierungsparteien im Bund haben verloren, die größere ein bisschen mehr, die kleinere eine bisschen weniger. Angesichts der weltwirtschaftlichen Krisenstimmung eigentlich kein schlechtes Ergebnis für SPÖ und ÖVP, anderswo in Europa und der Welt verfahren die Wähler derzeit anders mit Parteien an der Macht. Ebenso normal ist der Zugewinn der stärksten Oppositionspartei. So weit, so völlig normal. Selbst der mögliche Verlust auch der absoluten Mandatsmehrheit für die SPÖ mag aus parteipolitischer Sicht vielleicht ein herber Rückschlag sein, demokratiepolitisch kann man dies durchaus auch positiv sehen. Grund für gelindere Panikattacken haben eigentlich nur die Grünen. Deren Sinkflug geht munter weiter, auch wenn das Burgenland zweifellos für die Ökopartei ein hartes Pflaster ist.

Aber in Österreich zählte ein nüchterner Blick auf die Tatsachen noch nie viel. Deshalb wird ab sofort die Schlacht um Wien und die Steiermark ausgerufen. Die Bundespolitik wird es gewähren lassen und alles daran setzen, nur ja nicht der je eigenen Partei mit unangenehmen, aber notwendigen Reformschritten die Stimmung zusammenzuhauen. Wir glauben ja schließlich offensichtlich, es uns leisten zu können. Hoffentlich täuschen sich SPÖ und ÖVP nicht. Es könnte für uns Bürger noch teurer werden als ohnehin.