Das Tempo, in dem die EZB Geld druckt, wird langsam echt beängstigend.
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Während sich gerade ziemlich viele eher grundlos davor fürchten, unfreiwillige Versuchskaninchen für den Corona-Impfstoff zu sein, werden sie in einem ganz anderen Kontext tatsächlich für ein Experiment mit ungewissem Ausgang missbraucht, das hunderte Millionen massiv berühren wird. Dabei geht es nicht um ihre Gesundheit, sondern um ihr Geld.
Die Versuchsanordnung des Experiments ist einfach: Die Europäische Zentralbank druckt Geld in rauen Mengen - und in ein paar Jahren werden wir wissen, ob man das ohne große Kollateralschäden machen kann oder nicht. Geht das Experiment schief, ist leider das Geld der unfreiwilligen Versuchskaninchen erheblich entwertet und im schlimmsten Fall das gesamte Währungssystem der EU ruiniert. (Kleiner Spoiler: In den vergangenen 5.000 Jahren sind derartige Experimente ausnahmslos gescheitert, aber vielleicht ist ja diesmal alles anders.)
Das einmalige und erschreckende an diesem Experiment sind die schieren Zahlen, um die es geht. Kursierten im Jahr 2000 noch etwa 600 Milliarden Euro in der Eurozone, so lag dieser Wert im November 2020 bereits bei 4,6 Billionen Euro und wird nach der Umsetzung aller Corona- und Klimaprogramme heuer möglicherweise noch auf bis zu 7 Billionen Euro ansteigen, wie der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn jüngst berechnet hat. Geld, das die EZB aus der Luft erschafft, ohne dass dem irgendein Wert gegenüberstünde. Vernünftigerweise steigt die Geldmenge einer Volkswirtschaft etwa in dem Maß, in dem die Wirtschaft wächst. Davon kann in der Eurozone nicht einmal mehr annähernd die Rede sein; schwachem Wachstum steht eine um rund 1.000 Prozent aufgeblähte Geldmenge gegenüber.
So etwas hat in der gesamten Menschheitsgeschichte stets zu Inflation und im schlimmsten Fall zur Zerstörung der Währung geführt. Dass wir davon - bis jetzt - verschont geblieben sind, liegt daran, dass ein ganz erheblicher Teil dieses frisch gedruckten Geldes (noch) nicht in der Realwirtschaft angekommen ist, sondern im Banken- und Zentralbankensystem gehortet wird. Ob und wann es von dort ausbrechen und die Realwirtschaft fluten wird, weiß niemand. Was nicht vertrauenerweckend ist.
Schon jetzt sichtbar wird eine andere ungünstige Nebenwirkung dieser staatlich legalisierten Geldfälscherei. Weil Geld ja scheinbar in Hülle und Fülle da ist, werden auch jene Unternehmen am Leben erhalten, die unter normalen Umständen von effizienteren Konkurrenten verdrängt würden. Das Prinzip der "schöpferischen Zerstörung" ist derzeit außer Kraft gesetzt, des vielen frischen Geldes wegen. Dass im Jahr 2020 die Zahl der Firmenpleiten trotz Corona auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten war, zeigt, wie diese "Zombifizierung" der Wirtschaft schon wirkt. Mit durchaus unerquicklichen Folgen: In einer derart "zombifizierten" Wirtschaft leidet das Wachstum, sinkt die Wettbewerbsfähigkeit und damit unser aller Wohlstand. Gerade die von Corona geschwächten Volkswirtschaften brauchen das am allerwenigsten. Dass das Experiment "Corona-Impfung für alle" glimpflich ausgeht, ist wahrscheinlich. Beim Experiment "Gelddrucken, bis der Arzt kommt" ist das leider weniger wahrscheinlich.