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Der österreichische Autofahrer ist unmündig und muss beschützt werden - zumindest zu Ostern, vor langen Wochenenden und zu Ferienbeginn. Zu diesem Schluss ist offenbar Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner gelangt.
2010 sah er noch keinen politischen Handlungsbedarf gegen die mit den Reisewellen einhergehenden Preisanstiege an den Zapfsäulen: "Das Wirtschaftsministerium ist keine Preisregulierungsbehörde. Die Erhöhung der Preise zu den Feiertagen erfolgt in mehreren europäischen Ländern und hat einen offensichtlich nachfrageorientierten Hintergrund. Mit steigender Nachfrage erhöhen die Betriebe die Preise", ließ er damals ausrichten. Zwei Jahre näher an der Nationalratswahl 2013 schickt Mitterlehner nun eine Verordnung in Begutachtung, die massiv in die Preisbildung an den Tankstellen eingreift - und ein weiteres in einer Reihe von staatsinterventionistischen Experimenten auf dem heimischen Spritmarkt darstellt: Wird der Plan umgesetzt, dürfen Tankenbestellenbetreiber künftig zu festgelegten Wochenenden über mehrere Tage ihre Treibstoffpreise nicht verändern. Die letzte Anhebung ist zwei bis drei Tage vorher erlaubt. Start soll das Wochenende nach Fronleichnam (7. Juni) sein.
Mitterlehner wird gut daran tun, die Auswirkungen genauestens zu analysieren. Die Überlegung, dass die Tankstellen die Preise nicht für fünf Tage im Voraus am untersten Limit ansetzen werden, liegt auf der Hand. Aus einem kurzen, heftigen Preisanstieg wird also möglicherweise ein etwas moderaterer, der aber so lange dauert, dass ihn Autofahrer schlecht durch Vorausplanung umgehen können. Während jene, die ihr Auto für die Fahrt in den Italien-Urlaub am Freitagnachmittag volltanken, profitieren, kommen also möglicherweise verstärkt die zum Handkuss, die in die Arbeit fahren und nun schlechter abschätzen können, wie sich die Preise entwickeln.
Die Erfahrung zeigt, dass die Eröffnung von Diskonttankstellen der sicherste Weg zu Spritpreissenkungen in einer Region ist. Beweise auf Preisabsprachen auf dem Treibstoffmarkt konnten trotz jahrelanger Suche bisher nicht gefunden werden. Trotzdem ist es wiederholt zu politischen Interventionen gekommen - etwa die Festlegung einer Tageszeit, zu der der Spritpreis angehoben werden darf. Konnte man das damit rechtfertigen, dass Pendler und Frächter - und damit der Wirtschaftsstandort - davon profitieren, geht es nun offenbar um ein Zuckerl für Urlauber, denen man ganz nebenbei auch noch den Leidensdruck nimmt, über Alternativen zum Auto nachzudenken. Ist übrigens schon jemandem aufgefallen, dass Hotelzimmer in der Hauptsaison mehr kosten als in der Nebensaison?