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Das Netzwerk des Veit Sorger

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Sein Hypo-Deal brachte Turbulenzen. | Beste Kontakte sichern seine starke Position ab. | Wien. Veit Sorger, der längst zum Synonym für Macht und Reichtum gewordene Präsident der Industriellenvereinigung (IV), sorgt wieder einmal für Schlagzeilen. Allerdings nicht mit einem seiner berühmt-berüchtigten Sager, mit denen er beinahe regelmäßig bevorzugt die linke Reichshälfte zur Weißglut bringt. Diesmal geht es nicht um Lohnverzicht zwecks Joberhalt, sondern um ein privates Investment des 67-jährigen Lobbyisten der heimischen Industrie.


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Der weißhaarige Präsident, in seinem Habitus alternden US-Kinostars nicht unähnlich, sieht sich mit der Gefahr konfrontiert, dass seine weiße Weste angekleckert wird: Sorger hatte sich, so wie sein Langzeit-Intimus Michael Gröller, Kika/Leiner-Boss Herbert Koch, der Holzindustrielle Hans Tilly und eine Reihe anderer angeblich durchwegs honoriger Herrschaften, deren Identität nur kleinweise an die Öffentlichkeit dringt, Ende 2006 an der Kärntner Skandalbank Hypo Alpe Adria beteiligt.

Dank des rasch folgenden Verkaufs des insgesamt 25-prozentigen Aktienpakets zu einem offensichtlich überhöhten Preis nach Bayern durfte sich die von Finanzjongleur Tilo Berlin aufgestellte Investorengruppe bereits Mitte 2007 über eine prachtvolle Rendite freuen - dem Vernehmen nach über zumindest 150 Millionen Euro.

Bei den ersten Anzeichen, dass sich der zumindest mysteriöse Deal in Österreich, aber auch in Bayern zur Staatsaffäre auswachsen könnte, reagierte Sorger prompt: Er legte seinen beim Verkauf des Kärntner Instituts an die BayernLB lukrierten Gewinn - angeblich soll es sich um mehr als 300.000 Euro handeln - auf ein Treuhandkonto, ließ sich zwei Rechtsgutachten erstellen und stellte umgehend klar: "Ich habe nichts falsch gemacht".

Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus, selbst bei den Industriellen. Eine von Verständnis, beinahe Mitleid getragene Position nimmt ein steirischer Industrieller ein, der durchaus als Sorger-Fan einzureihen ist: "Was soll das Ganze? Darf man nicht einmal sein Kapital anlegen, wo man möchte? Man soll Sorger deshalb wirklich nicht anpatzen, sondern ihn in Ruhe lassen." Die andere Extremhaltung vertritt, ebenfalls bloß anonym, ein langjähriges IV-Mitglied aus Oberösterreich, das den Präsidenten gar nicht persönlich kennt: "Er erweist uns damit sicher keinen guten Dienst, weil es mit der Glaubwürdigkeit vorbei ist. Am besten wäre es, er träte wegen dieser fragwürdigen Sache zurück."

Ein Wanderprediger in Sachen Kapitalismus

Dieser Vorschlag wird wohl ungehört verhallen. Der seit 2004 amtierende Präsident, der sich für 3500 Mitgliedsbetriebe ins Zeug legt, die insgesamt 1,7 Millionen Mitarbeiter beschäftigen und es auf eine Wertschöpfung von weit mehr als 100 Milliarden Euro bringen, scheint fest im Sattel zu sitzen. Er fungiert nämlich als Regisseur eines relativ kleinen Zirkels mächtiger Manager, die seit vielen Jahren nicht nur in der IV den Ton angeben, sondern auch starken Einfluss auf das politische Geschehen nehmen.

Seine lang nicht so telegenen und charmanten Vorgänger - Miba-Boss Peter Mitterbauer und Heinz Kessler, Aufsichtsratschef der Papierfabrik Nettingsdorfer - gehören ebenso zu diesem Freundeskreis wie der ehemalige Industrie-Präsident Niederösterreichs, Michael Salzer, der Vorarlberger Fruchtsafthersteller Franz Rauch oder der langjährige Intimus aus der Papierbranche, Ex-Mayr Melnhof-General Michael Gröller. Mit dem einflussreichen Papierindustriellen Alfred Heinzel, dem er einstmals die Zellstoff Pöls AG verkauft hatte, ist er genau so freundschaftlich verbunden wie mit Hamburger/Mosburger-Eigentümer Thomas Prinzhorn, der früher für die FPÖ im Präsidium des Hohen Hauses gesessen ist. Die drei verbindet das gemeinsame Hobby der Jagd.

Doch damit nicht genug: Veit Sorger zählt zu den begnadetsten Netzwerkern im Lande. Gemäß einem alljährlich von FAS Research publizierten Ranking der mächtigsten Industriellen Österreichs lag er zuletzt auf Platz eins. Der durchaus eloquente, wenn auch rhetorisch nicht geradezu brillante Präsident, der wie ein Wanderprediger in Sachen Kapitalismus unermüdlich von Kongress zu Symposium und von Workshop zu Konferenz eilt, kennt beinahe jeden nennenswerten Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft und kommt auch fast mit jedem gut zurecht.

Der Status eines Sorger-Intimus wird nicht nur einstigen Größen wie Ex-CA-Chef Guido Schmidt-Chiari oder dem ehemaligen Wienerberger-Boss Erhard Schaschl bescheinigt, sondern auch diversen Politikern, vornehmlich im Lager der Volkspartei, wo der IV-Präsident mit glasklaren, bisweilen kämpferischen Ansagen beinahe als Everybodys Darling gilt. Kontakte pflegt er aber auch in andere politische Lager, auch wenn ihm diese wie die Homepage-Story rund um Karl-Heinz Grasser gelegentlich Ärger eintragen.

Neben seinem Job als Aufsichtsratspräsident des früher von ihm mit großem Erfolg geleiteten Konzerns, der nunmehr Mondi heißt, betätigt sich Sorger auch als Präsident des 1997 gegründeten Verbands Österreichischer Privatstiftungen. Als solcher fungiert er gemeinsam mit Vizepräsident Franz Rauch und Generalsekretär Christoph Kraus, hauptberuflich Chef der Privatbank Kathrein, als hochkarätiges Lobbyisten-Team für rot-weiß-rote Superreiche.

Für diesen Verband engagieren sich auch bekannte Rechtsanwälte und Steuerexperten, etwa Maximilian Eiselsberg, Hellwig Torggler, Christian Grave, Hans Michel Piech oder Günter Cerha - auch sie sorgen dafür, dass der IV-Chef laut Untersuchung von FAS Research mit nur zwei Handshakes gleich 7366 Kontakte schaffen kann.

Oberster Bankenretter und Berater

Sorgers prestigeträchtigster Nebenjob ist zur Zeit wohl der Aufsichtsratvorsitz der staatlichen Fimbag, deren Mission die Rettung der heimischen Banken, darunter auch der Hypo Alpe Adria, darstellt. Neben dem öffentlichen Amt kann der Jobmulti (siehe Kasten) auf seine Beraterrolle bei zwei Clans stolz sein: Er fungiert zum einen bei den Brüdern Hanno und Erwin Soravia als väterlicher Ezzesgeber und Aufsichtsrat, zum anderen steht er den Industriellen Max und Stanislaus Turnauer gerne mit Rat und Tat zur Seite. Letztere hören auch Tipps der Sorger-Bekannten Hans Herzog, Johann Ulrich Goess und Alexander Hartig gerne.

Die Reichen und Superreichen sehen Sorger, der von manchen Bloggern in Internet-Foren bisweilen als "Prototyp eines unappetitlichen Wirtschaftskapitäns" tituliert wird, als durchschlagkräftigen Anwalt für die gute Sache. Er hat beispielsweise trotz zunächst ablehnender Haltung der Regierung durchgesetzt, dass die Steuerzahler neuerdings auch Garantien für Industriekonzerne übernehmen. Und scheut sich überdies niemals vor nicht gerade publicityträchtigen Aussagen - wie jene über Österreichs Pensionisten. Originalzitat: "Die unverschämte Weise, wie für eine Gruppe Sonderrechte herausverhandelt werden, ist asozial und widerspricht meinem Verständnis über eine solidarische Gesellschaft."

Die zahlreichen Sorger-Fans stört es nicht, dass der oberste Repräsentant der heimischen Industrie lediglich ein langjähriger Topmanager ist. Als Unternehmer ist Sorger nämlich nicht gerade in großem Stil engagiert: Seine seit 2000 bestehende Sipadan Privatstiftung - sie ist nach einem Tauchparadies Malaysias benannt - hält an der Wiener Schoenberg Elumic GmbH 15 Prozent und ist dort etwa Partner von Berndorf-Aufsichtsratspräsident Norbert Zimmermann. Die zur Gänze dieser GmbH gehörende Elumic entwickelt sogenannte Elektrolumineszenz-Folien beziehungsweise -Lampen, die etwa auf Handys sowie Autokennzeichen oder bei Autoherstellern wie Audi Verwendung finden.

Überdies ist er mit nicht einmal einem Prozent an der High-Tech-Schmiede Schiebel Industries AG beteiligt, die unbemannte Mini-Hubschrauber herstellt und mit Minensuchgeräten am Weltmarkt mitmischt. Weitere Mini-Aktionäre dieses Unternehmens sind durchwegs gute Sorger-Bekannte, darunter Gröller, Fruchtsaftproduzent Rauch oder der frühere SCS-Chef Maurizio Totta.

Einen geringfügigen Teil seines Kapitals hat Sorger in der Linzer Straße 30 Vermietungs-GmbH geparkt, an der er mit neun Prozent beteiligt ist. Mit von der Partie sind als Mastermind Michael Gröller und der Welser Industrielle Michael Teufelberger sowie die Wiener Wirtschaftsprüferin Melitta Kabele.

Eine Zeit lang war Sorger Gesellschafter der Beteiligungsfirma CITIM Holding, die mehrheitlich der auf das Immobiliengeschäft fokussierten Familie Gröller gehört. Schließlich hatte er sich 2004 mit 10 Prozent in die damalige Frantschach-Tochter Europapier eingekauft, sein Aktienpaket allerdings bald wieder abgestoßen. Diese Firma war Ende der Achtziger in die Schlagzeilen geraten, weil ein Oberbuchhalter mehr als 250 Millionen Schilling für private Zwecke wie Damenbekanntschaften abgezweigt hatte.

Zur PersonVeit Sorger wurde am 10. Juni 1942 als Sohn eines Richters und einer Anwältin in Graz geboren. Erstes Berufsziel während der Schulzeit war Unterrichtsminister, dann wollte er Mediziner werden. Tatsächlich studierte er an den juridischen Fakultäten in Wien und Linz sowie an der Hochschule für Welthandel.

Er startete seine Berufslaufbahn 1967 in der Versicherungsbranche und wurde bei der Interunfall Assistent des Generaldirektors. 1970 wechselte er zur Salzer-Gruppe, wo er zwölf Jahre später Alleinvorstand des Bereichs Papier und Kunststoff wurde. 1987 übernahm er die Geschäftsführung der Europapier AG, dann wurde er Vorstandsmitglied der Frantschach AG.

Von 1993 bis 2004 fungierte er als Vorstandsvorsitzender des Papier-Imperiums, das seit dem Verkauf an einen südafrikanischen Konzern Mondi AG heißt. Sorger war seit dem Jahr 2000 Vizepräsident der Industriellenvereinigung und wurde 2004 als Nachfolger von Peter Mitterbauer zum Präsidenten gewählt. Der dreifache Vater spielt Tennis und Golf, geht gerne auf die Jagd und fährt gerne Ski.

Sorgers Funktionen und Jobs Präsident der Industriellenvereinigung,
Stifter der Sipadan Privatstiftung,
Vorstand der M.T. Privatstiftung (Familie Turnauer) und der Mondi Austria Privatstiftung,
Aktionär Schiebel Industries AG,
Gesellschafter Linzer Straße 30 Vermietungs-GmbH,
Aufsichtsrats-Vorsitzender der Fimbag Finanzmarktbeteiligung AG, Constantia Industries AG, Semperit AG Holding, Mondi AG sowie Mondi Frantschach GmbH,
stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender Mondi Services AG, Greco International Holding AG und der Soravia Group AG,
Aufsichtsrat der Industrieliegenschaftsverwaltung AG und der Lenzing AG,

* Präsident des Verbands Österreichischer Privatstiftungen.