Zum Hauptinhalt springen

Das neue GöD - "Gericht für den öffentlichen Dienst der EU"

Von Waldemar Hummer

Kommentare

Hinter dem Kürzel GöD verbirgt sich auf europäischer Ebene keine Gewerkschaft, sondern ein Gericht. Mit der Ernennung von sieben Richtern am "Gericht für den öffentlichen Dienst der EU" zum 1. Oktober 2005 wurde bereits das dritte Gericht im Schoß des EU-Gerichthofs eingerichtet.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Existierte zunächst seit der Gründung der EU Anfang/Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts nur der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), so kam zu dessen Entlastung 1988 das Gericht erster Instanz (EuG) hinzu. Im Vertrag von Nizza (2001) wurde schließlich die Einrichtung von Gerichtlichen Kammern (GerK) vorgesehen, die vom Rat für Entscheidungen im ersten Rechtszug über bestimmte Kategorien von Klagen zuständig gemacht werden können. Gemäß der in der Schlussakte von Nizza enthaltenen Erklärung (Nr. 16) zu Art. 225a EGV sollte sich die Zuständigkeit der GerK zunächst auf dienstrechtliche Streitigkeiten beschränken.

Dementsprechend wurde auch mit der Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der EU (GöD) durch Beschluß 2004/752/EG, Euratom des Rates vom 2. November 2004 erstmals eine GerK gebildet, die für Entscheidungen im ersten Rechtszug über Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten zuständig ist - einschließlich der Streitsachen zwischen den Einrichtungen oder Ämtern und Agenturen und deren Bediensteten. Anlassbezogen werden auch alle beim EuG anhängigen Streitsachen zwischen den Gemeinschaften, deren Einrichtungen, Ämter und Agenturen und deren Bediensteten an das GöD abgetreten.

Das GöD besteht aus sieben Richtern, die vom Rat unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten auf möglichst breiter geographischer Grundlage und unter Berücksichtigung der vertretenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen ausgewählt werden. Der Rat wurde bei dieser Auswahl von einem siebenköpfigen Ausschuß beraten, der sich aus dem Kreis ehemaliger Mitglieder des EuGH und des EuG sowie Juristen von anerkannter Befähigung zusammensetzt. In diesem Ausschuß ist mit ao. Univ. Prof. Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien auch eine Österreicherin vertreten. Insgesamt wurden in diesem Auswahlverfahren 243 Bewerber registriert, von denen letztlich sieben ernannt wurden, unter denen sich allerdings kein österreichischer Richter befindet.

Vier der Richter des GöD werden für die Dauer von sechs Jahren ernannt, drei lediglich auf drei Jahre. Die Wiederernennung ausscheidender Richter ist zulässig. Das GöD tagt in Kammern mit drei Richtern, kann aber in bestimmten Fällen als Plenum, als Kammer mit fünf Richtern oder sogar als Einzelrichter agieren. Das GöD, das dem EuG beigeordnet ist, hat einen eigenen Kanzler. Das GöD, das in institutioneller und organisatorischer Hinsicht Teil des Organs "Gerichtshof" ist, hat - so wie der EuGH und das EuG - seinen Sitz in Luxemburg.

Gegen die Urteile des GöD kann in gewissen Fällen innerhalb von zwei Monaten ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuG eingelegt werden, dem allerdings keine aufschiebende Wirkung zukommt. Ist das Rechtsmittel begründet, hebt das EuG die Entscheidung des GöD auf und entscheidet den Rechtsstreit selbst. Falls die Kohärenz des Gemeinschaftsrechts gefährdet ist, kann die 1. Generalanwältin - das ist seit wenigen Wochen die Österreicherin Christine Stix-Hackl - dem EuGH vorschlagen, die Entscheidung des EuG zu überprüfen.

Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Völker- und Europarecht am Institut für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen der Universität Innsbruck. Foto: