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Ehemalige Staatsmänner werden am liebsten Consulter. | Ex-Kanzler Gusenbauer sammelt lukrative Posten. | Andere begnügen sich mit kleinen Beraterfirmen. | Politisch sind die beiden zwar längst weg vom Fenster, aber im Doppelpack erwecken sie noch immer regelmäßig Aufsehen: Madeleine K. Albright, einstige US-Außenministerin unter Bill Clinton, und ihr ehemaliger deutscher Amtskollege Joschka Fischer mischen im internationalen Consultinggeschäft kräftig mit. Erst vorige Woche wurde bekannt, dass die Albright Group LLC, bei der der frühere Grün-Politiker als "Senior Strategic Counsel" tätig ist, künftig den Münchner Siemens-Konzern in außenpolitischen und unter-nehmensstrategischen Fragen beraten wird.
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Bereits Mitte Oktober hat der Autoriese BMW mit Albright einen Beratervertrag unterzeichnet. Ziel sei es, BMW auf dem amerikanischen Markt zu unterstützen, um auf die von US-Präsident Barack Obama geplanten Klimaschutzgesetze richtig zu reagieren.
Albright, die sechs Sprachen beherrscht, hatte das Unternehmen 2001 in Washington mit dem Ziel gegründet, Politik- und Strategie-Beratung anzubieten. Der Wechsel von der Weltpolitik ins Wirtschaftsleben verlief erfolgreich: Sie stand zumeist internationalen Konzernen zur Seite, gründete mehrere Tochterfirmen und brachte es im vergangenen Juni durch Fusion mit Stonebridge International zu einer Firmengruppe von beachtlicher Dimension. In ihrem weltweiten Netzwerk spielt der deutsche Ex-Außenminister, der in Eigenregie beim Energiekonzern RWE unter Vertrag steht und überdies Ratgeber für das von der österreichischen OMV getragene und von der EU-Kommission unterstützte Gaspipeline-Projekt Nabucco ist, eine zentrale Rolle.
Fischer, der dieses Vorhaben politisch und PR-mäßig vorantreiben soll, hat den Abschied von der Politik wohl ähnlich gut verkraftet wie Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Dieser kehrte im November 2005 wieder in seine Berliner Anwaltskanzlei zurück und sammelte sodann Job um Job. Er ist beispielsweise Berater der Schweizer Verlagsgruppe Ringier, Mitglied im Europa-Beirat der Rothschild Investmentbank mit Sitz in der Schweiz und sitzt seit Jänner 2009 im dreiköpfigen Direktorium des russisch-britischen Ölkonzerns TNP-BP, bei dem es drunter und drüber ging.
Die Russen hören auf Gerhard Schröders Rat
Den spektakulärsten Posten, der Schröder letztlich heftige Kritik eintrug, verschaffte ihm Wladimir Putin: Seit nunmehr bereits dreieinhalb Jahren fungiert der Deutsche bei einem Pipeline-Konsortium als Vorsitzender des Aktionärsausschusses, das früher NEGP hieß und nunmehr den Namen Nord Stream AG trägt.
Das monströse Milliarden-Projekt, das Schröder in seiner Amtszeit möglich gemacht hat, ist der Garant, dass der 65-jährige Strahlemann auch finanziell ausgesorgt hat. Der immer noch sendungsbewusste Noch-Anwalt dürfte nicht schlechter aussteigen als etwa der frühere britische Premier: Tony Blair hat kurz nach seiner Polit-Laufbahn einen Beratervertrag mit der US-Investmentbank JP Morgan Chase unterschrieben, der ihm angeblich ein jährliches Honorar von rund einer Million Dollar sichert. Auch der Schweizer Versicherungskonzern Zurich Financial Services lässt sich von Blair seit zwei Jahren beraten. Dafür wird dem Vernehmen nach pro Jahr eine weitere Million Dollar fällig.
Österreichische Ex-Politiker haben praktisch keine Chance, in dieser Top-Liga mitzuspielen: Abgesehen von einigen raren Ausnahmen wie Martin Bartenstein, der in sein eigenes Unternehmen zurückkehren konnte, oder Viktor Klima, der bei VW einen Traumjob in Argentinien ergattern konnte, tun sich die meisten ziemlich schwer, in der Wirtschaft überhaupt Fuß zu fassen.
Ein passendes Beispiel hiefür ist Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Ihm ist zwar schon die eine oder andere Schlappe passiert, aber noch immer kein großer unternehmerischer Wurf gelungen.
Gusenbauer schaffte den besten Neustart
Am besten ist Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer unterwegs, der allerdings die Erfahrung machen musste, dass es selbst für einen gestandenen Politiker nicht einfach ist, eine zweite Karriere zu starten: Er verschwand Ende 2009 zunächst als Referatsleiter der niederösterreichischen Arbeiterkammer in der Versenkung. Erst allmählich sah er mit seiner Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligungs GmbH die Chance, als Lobbyist und Vermittler von Geschäften aktiv zu werden.
Ende März wurde Gusenbauer Vorsitzender im Beiratsgremium des mit ihm befreundeten Immobilienentwicklers Rene Benko, wo er damals übrigens mit Susanne Riess-Passer und Ernst Strasser zu tun hatte. Seit Mitte September sitzt er obendrein im Kontrollgremium der Benko gehörenden Signa Recap Holding AG. Der Ex-Kanzler wurde auf Grund der Tatsache, dass ihn die deutsche Mediengruppe WAZ als "Experten für die komplizierter werdende politische Situation in Südosteuropa" sieht, auch deren Berater. Pikanterie am Rande: Die WAZ-Gruppe, die in Wien ihre Ostholding angesiedelt hat, ist an den einst nicht besonders Gusenbauer-freundlichen Tageszeitungen "Krone" und "Kurier" beteiligt.
Gusenbauer, der einmal pro Monat an der Columbia University in New York und der Brown University in Rhode Island als Dozent auftritt, schied mit Ende Juni aus der AK aus, um sich den neuen Aufgaben widmen zu können.
Österreichs Ex-Politiker werden gerne Berater
Andere Ex-Politiker backen - mit Ausnahme von Hannes Androsch und Josef Taus - im zweiten Leben kleinere Brötchen, sofern sie überhaupt in die Wirtschaft wechseln. Sobald die politische Funktion weg ist, müssen sie oft die Erfahrung machen, dass ihr Marktwert als Manager nicht berauschend hoch ist.
Es kann daher - wie bei der früheren Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, die kürzlich zu PricewaterhouseCoopers gewechselt ist - Monate dauern, bis sie einen neuen Job finden.
Frank Stronach, der früher bekannten Namen gerne einen Neustart im Magna-Imperium ermöglicht hat - darunter Karl-Heinz Grasser, SP-Ex-Generalsekretär Andreas Rudas oder Ex-FPÖ-Minister Mathias Reichhold -, ist von der Sinnhaftigkeit derartiger Engagements offenbar nicht mehr überzeugt. Abgesehen von Ex-Kanzler Franz Vranitzky, der immer noch im Magna-Board sitzt, hat bei ihm nur noch der steirische Ex-Landesrat Herbert Paierl einen Arbeitsplatz.
Daher bleibt jenen, die die politische Bühne verlassen (müssen), vielfach nur die Wahl, entweder einen Versorgungsjob bei einem staatsnahen Betrieb anzunehmen oder mit einem kleinen Unternehmen selbstständig zu werden.
Kurzes VCP-Intermezzo von Ernst Strasser
Bisweilen ist der unternehmerische Erfolg freilich enden wollend: Ex-Innenminister Strasser war, nachdem er im Dezember 2005 aus seinem Amt schied, mit großem Tamtam zur Wiener Finanzgruppe VCP gewechselt, bei der er für Energie-Investments in Osteuropa zuständig sein sollte. Sein neuer Arbeitgeber hatte ihn als "einen erfahrenen Manager mit internationaler Erfahrung und starkem Netzwerk in der CEE-Region" präsentiert. Die neue Karriere Strassers war allerdings bald wieder vorbei - heuer feierte er ein politisches Comeback als VP-Delegationsleiter im EU-Parlament.
Derzeit ist er so nebenbei noch geschäftsführender Gesellschafter der zu 100 Prozent ihm selbst gehörenden Consultingfirma cee, die an fünf weiteren Unternehmen beteiligt ist. Obendrein hält er 10 Prozent an der CIN Consult Unternehmensberatungs GmbH, bei der der abberufene Meinl-Gutachter Thomas Havranek sein Kompagnon ist.
Im Gegensatz zu dem Schon-wieder-Politiker Strasser bereiten sich noch aktive Volksvertreter bisweilen emsig auf einen drohenden Jobwechsel vor: So etwa sind derzeit mehrere Nationalratsabgeordnete nebenbei als Consulter tätig, darunter BZÖ-Mann Herbert Scheibner, ÖVP-Mandatarin Katharina Cortolezis-Schlager und Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner.
Der dritte Parlamentspräsident Martin Graf, dessen unrühmlicher Abgang als Geschäftsführer der Seibersdorfer ARC vor drei Jahren noch in Erinnerung ist, konzentriert sich als Berater auf die Bereiche Betriebswirtschaft, Personal-, Strategie- und Projektentwicklung sowie Export-/Import-Beratung.
Und so nebenbei setzt er auf ein völlig anderes Metier: Seine seit Oktober 2007 bestehende GM Consulting KG ist zu 45 Prozent an der Kantine des in der Wiener Oberliga B spielenden Fußballklubs FC Hellas-Kagran beteiligt. Der umstrittene FPÖ-Abgeordnete fungiert bei diesem Verein zugleich als Präsident.
Ex-Politiker, die in die Wirtschaft gingen
Die promovierte Juristin Susanne Riess-Passer erreichte ihren politischen Karrierehöhepunkt als Vizekanzlerin der Wende-Regierung. Nach ihrem Rücktritt im Februar 2003 schaffte sie den Sprung zur Bausparkasse Wüstenrot und wurde später deren Generaldirektorin.
Das Leben nach der Politik haben auch andere Ex-Politiker bestens bewältigt: Der frühere Salzburger Wirtschaftslandesrat Arno Gasteiger etwa bekam einen Top-Job als Trostpflaster. Er fungiert seit dem Jahr 2000 als Vorstandssprecher der Salzburg AG. Auch der ehemalige steirische Landesrat Günter Dörflinger wurde bestens versorgt: Der einstige Journalist wurde 2003 als Geschäftsführer der Steirischen Gas-Wärme GesmbH installiert. Fünf Jahre später wechselte er zur Grazer Christof Holding AG, bei der er nun im Vorstand sitzt.
Dörflingers ehemaliger Kollege Herbert Paierl, der acht Jahre Wirtschafts-Landesrat war, wechselte nach seinem politischen Abschied im Jahr 2004 zunächst als Manager zur kanadischen Cosma/Magna-Gruppe. Drei Jahre später wurde er Vorstand der Unternehmens Invest AG, um im Mai 2009 als Executive Vice President wieder ins Stronach-Imperium zurückzukehren. Paierl ist obendrein mit seiner pcb Paierl Consulting Beteiligungs GmbH selbstständig unterwegs.
Selbstständig wurden indes nur wenige: Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach gründete eine eigene Consultingfirma. Sein Parteifreund Mathias Reichhold versucht, nachdem er als Asfinag-Vorstand abgesägt wurde, mit der CMR-Invest GmbH sein Glück. Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat hat die mrk Consult gegründet und hält außerdem 30 Prozent an der Lobbying-Agentur Public Interest Consultants. Ihre eigene Chefin wurde auch die frühere Infrastrukturministerin Monika Forstinger mit der proquest-Riskmanagement GmbH, die immerhin schon zehn Mitarbeiter zählt.