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Die zahlreichen politischen Reaktionen auf das neue Universitätsgesetz (UG), das ab Anfang 2004 mit wenigen Ausnahmen voll anzuwenden ist, lassen erahnen, dass es sich dabei um tiefgreifende Einschnitte in das postsekundäre Bildungssystem handelt. Juristisch "heikel" ist das Gesetz vor allem insofern, als dem Gesetzgeber keine für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit zur Verfügung stand, sondern das gesamte Gesetz als einfaches Gesetz verabschiedet wurde.
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Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse konnten die Verfas-sungsbestimmungen aus dem Vorgängergesetz, dem Universitäts-Organisationsgesetz 1993 (UOG 1993), nicht beseitigt werden; diese Bestimmungen bestehen gleichsam als "Verfassungsruinen" weiterhin, während die einfachgesetzlichen Bestimmungen aufgehoben wurden.
Eine wichtige Komponente dieses Gesetzes ist die Einführung der sogenannten "Vollrechtsfähigkeit", was insbesondere bedeutet, dass die Universitäten mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet werden. Fraglich ist in diesem Zusammenhang vor allem, ob es sich bei diesen neuen juristischen Personen des öffentlichen Rechts um Anstalten oder Körperschaften handelt, wobei eine Qualifikation als (Selbstverwaltungs-)Körperschaften weitreichende Konsequenzen für die Binnenorganisation hätte. Die besondere historische Rolle der Universitäten und die eine Bildungs- und Forschungseinrichtung ausmachenden Besonderheiten legen jedoch nahe, dass Peter Pernthalers (Staatsrechtler in Innsbruck. Anm.) Befund von der "unentwirrbaren Mischung" von anstaltlichen und körperschaftlichen Elementen weiterhin seine Gültigkeit hat, wiewohl sich das Mischverhältnis zugunsten der Anstalt verschoben haben dürfte.
Uni-ferner Universitätsrat
Grundlegende Bedeutung für die juristische Beurteilung der neuen Universitätsorganisation kommt der Rolle des - ausschließlich aus UniversitätsFernen bestehenden - Universitätsrats zu. Dieses noch im UOG 1993 nicht vorgesehene Organ hat weitreichende Befugnisse im Zusammenhang mit der strategischen Ausrichtung und Steuerung der Universitäten. Er wählt etwa den Rektor oder genehmigt den Organisationsplan der Universität. Gerade die Tatsache, dass dieses Organ aus Personen, die nicht der Universität angehören und die teilweise nicht einmal von Universitätsorganen ernannt wurden, besteht, hat Zweifel an seiner Verfassungs-konformität hervorgerufen.
Diese Zweifel bestehen vor allem angesichts der Tatsache, dass die Verfassungsbestimmung in § 2 Abs 2 des alten UOG 1993 zur verfassungsrechtlichen Deckung der Weisungsfreistellung der neuen, im UG ausgestalteten Universität und ihrer Organe herangezogen wurde. Kontroversiell wurde im wissenschaftlichen Diskurs die Frage behandelt, ob der Universitätsbegriff aus dem UOG 1993 durch das UG verändert werden darf, oder ob § 2 Abs 2 UOG 1993 die Organisationsstruktur der Universität gleichsam "versteinert". In diesem Zusammenhang hat der VfGH - allerdings im Kontext der Einführung des UOG 1975 im sogenannte "UOG-Erkenntnis" aus dem Jahr 1977 - ausgeführt, dass der der Verfassung zugrundeliegende Universitätsbegriff durch den Gesetzgeber ausgestaltbar und veränderbar ist.
Dies hat wohl auch für den 1993 verankerten Universitätsbegriff zu gelten, zumal, wie Heinz Mayer (Verfassungsrechtler in Wien; Anm.) betont, der Verfassungsgesetzgeber 1993 bereits an einen juristischen Universitätsbegriff anknüpfen konnte und wohl keinen völlig neuen schaffen wollte; dies würde die Zulässigkeit der Reform bedeuten.
Leistungsvereinbarungen
Neben diesen organisationsrechtlichen Fragestellungen sind im neuen UG weitere Problemfelder im Zusammenhang mit der Wissenschaftsfreiheit wie auch bezüglich der Einführung der sogenannten Leistungsvereinbarungen zur Steuerung des Transaktionsverhältnisses zwischen Bund und Universitäten relevant. In beiden Fällen dürfte die gewählte Ausgestaltung verfassungskonform sein, wiewohl eine endgültige Klärung erst das Urteil des VfGH über die bereits erfolgte Anfechtung des gesamten Gesetzes bringen kann.
Stefan Huber: Rechtsfragen der vollrechtsfähigen Universität; Neuer Wissenschaftlicher Verlag 2003; 188 S.; ISBN 3-7083-0154-4; 32,80 Euro