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Zukunftsforscher sehen im Gefolge der Wirtschaftskrise ein "Age of Less", also ein Zeitalter des Weniger am Horizont heraufziehen: Weniger Rohstoffe, weniger Geld, aber auch weniger Vertrauen der Menschen in die Verheißungen der Wirtschaft. Unmittelbar betroffen von den ökonomischen Turbulenzen ist die Werbebranche, deren Umsätze im vergangenen Jahr deutlich gefallen sind. Das Ö1-"Radiokolleg" ging am Montag der Frage nach, ob es sich dabei nur um ein zyklisches Tief handelt oder tatsächlich um die Folgen eines Gesinnungswandels. Eine Wertedebatte sei in Gang gekommen, eine sogenannte "Neue Genügsamkeit" zu verspüren, hieß es da. Die Konsumenten seien kritischer geworden - erzählt man uns das nicht bereits seit zwei, drei Jahrzehnten?
Ein Werbefachmann ließ gar mit der Botschaft aufhorchen, die Betriebe sollten versuchen, die Menschen zu verstehen, anstatt ihnen ihre Produkte zu verkaufen. Ehrlichkeit sei jetzt gefragt in der Werbung! Jetzt auf einmal? Da war überdeutlich herauszuhören, dass diese Neuorientierung nicht etwa auf einer plötzlichen erworbenen ethischen Grundhaltung beruht, sondern nur die Reaktion auf einen angeblichen Trend verkörpert: Weniger konsumieren, dafür bewusst, umweltschonend, sozial verträglich und überhaupt nachhaltig. Schön wärs. Ein Jugendkulturforscher brachte die Fehlentwicklungen der Werbeindustrie auf den Punkt: Diese habe mit ihrem permanenten Bilderrausch den Anschluss an die gesellschaftliche Realität verloren, die "normalen" Menschen hätten genug davon. Vielleicht also doch eine Sehnsucht nach dem Weniger - und sei es ein Weniger an grellen Plakaten, Spots und Banners.