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Das Nichtstun will gelernt sein

Von Brigitte Pechar

Analysen

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ÖVP-Seniorenbund-Obmann Andreas Khol schlägt vor, dass Antragsteller für Pensionen gleich einmal einen "Orientierungskurs für die gelungene Gestaltung der gewonnenen Jahre" erhalten sollen. Klingt auf den ersten Blick einmal ziemlich schräg. Braucht man tatsächlich einen Kurs fürs Nichtstun?

Jährlich gehen in Österreich rund 100.000 Menschen in Pension. Ein Großteil von ihnen hat keine konkreten Vorstellungen, was er oder sie dann mit dieser ungewohnten Freiheit und vor allem Zeit anfangen kann. Viele sagen, sie würden auf Reisen gehen, andere freuen sich auf die vermehrte Teilnahme an kulturellen Ereignissen, wieder andere zieht es zu ihrer Gartenarbeit, und viele wollen sich einfach nur erholen von der Last der Arbeit. Tatsache ist, dass nicht alle Menschen den Lebensabend mit Reisen verbringen können. Zwar hätten sie dann Muße, aber leider nicht mehr die nötigen Einnahmen. In Österreich haben die Menschen besonders viel Zeit in der Pension. Schließlich gehen sie im Durchschnitt schon mit 59 Jahren aus dem Erwerbsleben.

Zwischen 21 und 28 Jahre haben Männer und Frauen derzeit ab Pensionsbeginn noch vor sich. Diese Zeit nimmt aber ständig zu, sodass in einigen Jahren schon mit 30 Jahren und mehr ohne Arbeit zu rechnen ist. Die drei Lebensphasen - Ausbildung, Erwerbsarbeit, Pension - haben sich gewandelt: Ausbildung, Erwerbsarbeit, gewonnene Jahre, hochbetagtes Alter. Es stellt sich also die Frage: Wie diese lange Periode sinnerfüllt verbringen?

Der Vorschlag Khols, doch bitte allen Pensionseinsteigern einen Kurs anzubieten, um Orientierung zu geben, macht durchaus Sinn. Immerhin wollen 17 Prozent der Pensionisten gerne freiwillig tätig sein, werden aber nicht gefragt. Diese Menschen mit Institutionen zu verbinden, hätte fruchtbringende Auswirkungen für die Gesellschaft. Dann könnte möglicherweise die Zahl der Pensionisten, die sehr aktiv sind - der Marktforscher Rudolf Bretschneider nennt sie "die Flotten" -, von derzeit mehr als zehn Prozent gesteigert und die Zahl der "Zurückgezogenen" - das sind die Pensionisten, die man sich allgemein auf der Parkbank sitzend vorstellt - von derzeit 20 Prozent gesenkt werden.

Ob ein solcher Kurs tatsächlich Abhilfe schaffen kann, bleibt dennoch fraglich. Wer schon immer neugierig war und sich weitergebildet hat, wird das auch künftig tun. Wer sich 60 Jahre lang wenig bewegt und sich falsch ernährt hat, wird auch mit einem Kurs nicht umgestimmt werden können. Aber wenn nur ein kleiner Teil zu mehr Bewegung verleitet werden könnte, wäre schon viel gewonnen.