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Wenn Donald Trump zum ersten Mal Chinas Staatschef Xi Jinping empfängt, wird Nordkoreas atomare Aufrüstung Thema sein. Das Problem: Die Interessen sind verschieden und die Optionen begrenzt. Eine Analyse.
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Washington/Peking. Nordkorea hat seinen Gruß schon geschickt. Just einen Tag vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Chinas Staatschef Xi Jinping hat Nordkorea am Mittwoch eine Rakete abgefeuert. Nach Angaben des US-Pazifikkommandos handelte es sich vermutlich um eine Mittelstreckenrakete des Typs KN-15. Diese wurde Richtung Japan abgefeuert, stürzte aber nach 60 Kilometern ins Meer.
Dass Nordkorea so knapp vor dem US-chinesischen Spitzentreffen seine militärischen Muskeln zeigt, ist kein Zufall. Doch gibt es wohl auch weitere Gründe für den Abschuss. Nordkorea wollte wahrscheinlich einfach auch die Fortschritte bei seinem Raketenprogramm testen, sagte der Militärexperte Kim Dong-yub von der Kyungnam Universität in Seoul der Nachrichtenagentur Reuters. Zudem haben die USA und Südkorea erst kürzlich wieder einmal gemeinsame Militärübungen durchgeführt. Diese sieht Nordkorea seit Jahr und Tag als Provokation an.
Jedenfalls bereitet kaum ein Land mehr Sorgen als Nordkorea. Der isolierte Staat besitzt, wie vollzogene Tests und die Erkenntnisse von Geheimdiensten nahelegen, wohl bereits Atombomben. Und nicht nur bedroht das Regime von Diktator Kim Jong-un die US-Verbündeten Japan und Südkorea, es könnte bald auch eine Gefahr für die USA selbst darstellen. Nordkorea bastelt offenbar an Langstreckenraketen, die die US-Küste erreichen könnten.
USA wollen, dass China mehr Druck aufbaut
Die US-Regierung hat schon vor dem Treffen zwischen Trump und Xi klargemacht, dass Nordkorea eines der Hauptthemen sein wird. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass China und die USA auf einen grünen Zweig kommen werden. China hat nämlich andere Interessen als die USA.
Während für die USA das kommunistische Regime eindeutig ein Feind ist, den Washington wohl gerne loswerden würde, sehen Chinas Machthaber den benachbarten Diktator Kim mit gemischten Gefühlen. Zwar ist China ebenfalls unglücklich über Nordkoreas Aufrüstung. Gleichzeitig liegt Kims Herrschaft aber im strategischen Interesse Pekings.
Nordkorea stellt eine Pufferzone zu Südkorea und dem dort stationierten US-Militär dar. Ein Sturz des Kim-Regimes birgt also Gefahren für Peking: Dass sich die beiden Koreas unter südlicher Führung vereinigen und so US-Soldaten bis an die chinesische Grenze rücken, ist ein Horrorszenario für Peking. Zudem droht bei einem Zusammenbruch des Kim-Regimes Chaos in Chinas unmittelbarer Nachbarschaft (wobei dann wohl die ganze Welt bangen würde, wer das nordkoreanische Waffenarsenal in die Hände bekommen wird).
Diese unterschiedlichen Zugänge erklären, warum China und die USA anders mit Nordkorea umgehen. China hat zwar zuletzt die UN-Sanktionen gegen Nordkorea mitgetragen, will Pjöngjang aber nicht derart unter Druck setzen, wie sich das die USA wünschen. Trump hat daher schon im Vorfeld des Treffens mit Xi in einem Interview mit der "Financial Times" gemeint, dass sich die Geduld der USA dem Ende zuneige. Notfalls würden die USA das Problem alleine lösen.
Offenbar wird auch die militärische Option erwogen
Nachdem die USA kaum Hebel haben, den wirtschaftlichen Druck auf Nordkorea zu erhöhen, kann das nur eines bedeuten: einen militärischen Angriff. Laut US-Medien beschäftigen sich US-Militärs bereits mit der Frage, wie mit gezielten Attacken Nordkoreas Waffenproduktion lahmgelegt werden könnte. Eine militärische Attacke auf das atomar hochgerüstete Nordkorea wäre ein hochriskantes Unterfangen und könnte die gesamte Region verwüsten. Das entspricht bestimmt nicht Chinas Wünschen.
Eine weitere Option wäre, den wirtschaftlichen Druck auf Nordkorea zu erhöhen. Obwohl China bereits die Kohleimporte aus Nordkorea bis Jahresende gestoppt hat, verlangen die USA hier mehr von China. Doch der einzig relevante Handelspartner von Nordkorea zögert.
An diplomatische Verhandlungen mit Nordkorea - eine weitere Option - ist derzeit nicht zu denken. Kim würde damit schlichtweg dafür belohnt werden, dass er die internationale Gemeinschaft ständig vor den Kopf stößt.
Die Optionen, Nordkorea zum Einlenken zu bewegen, sind also begrenzt und haben ihre Schwächen. Dass China und die USA oft uneins sind, verkompliziert die Lage noch zusätzlich.
Hinzu kommt: Nordkoreas Regime will keinesfalls sein Atomprogramm aufgeben. Beobachter verweisen darauf, dass Pjöngjang das Beispiel von Iraks Saddam Hussein und anderer gestürzter Schurken vor Augen hat. Aufrüstung und Atomwaffen sehen Kim und seine Getreuen als ihre Lebensversicherung an.