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Soll die Sport-Großmacht Russland von den Olympischen Spielen in Rio im August ganz oder teilweise ausgeschlossen werden? Über diese auch politisch höchst brisante Frage dürfen sich nach den jüngsten Doping-Anschuldigungen nun Funktionäre auf dem ganzen Globus den Kopf zerbrechen. Die Verfehlungen in der Leichtathletik sind längst evident und haben zur Suspendierung des russischen Verbandes (am 17. Juni wird der Bann beraten) geführt; ob es auch bei den Heim-Winterspielen in Sotschi quasi staatlich angeordnetes, perfekt organisiertes und somit verschleiertes Doping gegeben hat - wie von einem Kronzeugen behauptet - ist indes noch nicht bewiesen. In Schwebe ist auch, wie viele russische Athleten bei den derzeit ausgewerteten Nachtests von Peking 2008 und London 2012 positiv getestet wurden - insgesamt geht es hier um 55Fälle. Auffällig ist, dass die treibende Kraft hinter den Ermittlungen offenbar die USA sind: Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur, forderte in einem Beitrag für die "New York Times": "Um saubere Athleten zu schützen, muss dem russischen Leichtathletikverband verboten werden, an den Rio-Spielen teilzunehmen." Und sollten sich auch Verfehlungen in anderen Sportarten belegen lassen, plädiert Tygart gar für einen totalen Olympia-Bann. Nun kann man dahinter natürlich auch sportpolitische Motive vermuten, wenngleich Tygart es war, der die US-Radlegende Lance Armstrong durch seine Hartnäckigkeit zu Fall brachte. Er setzt damit aber IOC-Boss Thomas Bach gehörig unter Druck. Dieser wiederum baut unangenehmen Entscheidungen gleich vor: "Was wir auch tun: Es wird Kritik geben." Schließlich träfe ein Bann auch saubere Sportler aus Russland - die es auch vor "kollektiver Haftung" zu schützen gelte.
Ein ziemliches Dilemma also.