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Konzernchef Rainer Seele ist noch lange nicht fertig.
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Vor wenigen Tagen hat die OMV bekanntgegeben, dass ein Abschluss der Verhandlungen mit dem russischen Gazprom Konzern über die für sie sehr wichtige Gaslagerstätte Achimov in Sibirien jetzt in Frage steht, im besten Fall aber nicht vor 2022 zu erwarten ist (die "Wiener Zeitung" berichtete). Damit bekräftigt sich meine schon früher geäußerte Vermutung, dass erst dann, wenn die Pipeline Nord Stream 2 mit voller Unterstützung der OMV (und Österreichs) fertiggestellt ist und Gas durchfließt, die OMV in Achimov einsteigen darf.
Natürlich hat die Tatsache, dass die FPÖ (eine "Bruderpartei" der Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin) nicht mehr in der Bundesregierung sitzt, auch etwas mit der Abkühlung zwischen OMV und Gazprom zu tun. Eine neue, direkt oder indirekt durch Russland ausgelöste Flüchtlingswelle aus Nahost könnte die FPÖ allerdings bald wieder in die Regierung bringen.
Aber OMV-Chef Rainer Seele ist noch lange nicht fertig. Das zeigt etwa der jüngst angekündigte OMV-Rückkauf von Abu Dhabis Staatsfonds von 39 Prozent der Borealis-Anteile zu einem Wahnsinnspreis (4,7 Milliarden US-Dollar!). Es ist bekannt, dass Abu Dhabi wegen des seit Jahren niedrigen Ölpreises dringend Geld braucht, aber muss die OMV einem ihrer Hauptaktionäre wirklich mit so viel Geld unter die Arme greifen?
Es sieht ganz danach aus, dass Seele einmal mehr der BASF/Wintershall-Schablone folgt (er kam ja von Wintershall zur OMV):
1) Absicherung des Mehrheitsbesitzes im OMV-Chemiebereich.
2) Trennung des OMV-Chemiebereichs (Borealis) vom Explorations- und Produktionsbereich der OMV (so wie sich BASF kürzlich von seiner Öl- und Gastochter Wintershall getrennt hat, wobei sich die abgetrennte Winteshall nun mit der "privaten" russischen Firma DEA fusioniert hat, deren Alleinbesitzer die vom russischen Oligarchen Mikhail Fridman mitgegründete und gelenkte Firma LetterOne war; für Jahresende wird ein Börsengang der neuen Firma Wintershall DEA erwartet).
3) Abverkauf des E&P-Bereichs der OMV oder von Teilen, unter anderem um den überhohen Preis für den Kauf der Chemie-Mehrheit zu bezahlen; der Abverkauf wird wohl in erster Linie die wenigen Bereiche betreffen, in denen die OMV derzeit nicht mit Wintershall DEA oder Gazprom zusammenarbeitet.
4) Vollständiger oder teilweiser Verkauf des verbleibenden E&P-Bereichs der OMV (und des Gasmarketing und Speichergeschäftes?) oder dessen Fusionierung. Dabei erhebt sich erneut die Frage: Wird OMV zu Gazprom West? Das könnte durch einen direkten Einkauf der Gazprom in den E&P-Bereich der OMV geschehen oder durch den Einstieg der neuen WintershallDEA (inklusive der russischen "Privatfirma" Letter One) bei der OMV oder durch eine Kombination beider (Einstieg bei OMV von Gazprom und der neuen Wintershall DEA; in jedem Fall würde sich der russische Einfluss auf die OMV und damit auf die österreichische Wirtschaft verstärken.
5) Gänzlicher oder teilweiser Abverkauf des OMV Chemiebereiches, möglicherweise an die deutsche Firma BASF. Der zuletzt katastrophal abgestürzte OMV-Aktienpreis, der sich nicht so bald erholen wird, würde es für Einkäufer jetzt leicht machen, sich bei der OMV spottbillig einzunisten.
Auf jeden Fall scheint es, dass Seele bereit ist, weiterzukämpfen. Er wird den eingebrochenen OMV-Aktienpreis sowie die derzeitige globale Wirtschaftssituation und "grüne" Ambitionen der OMV als Feigenblatt benutzen, um Abverkäufe von Teilen der OMV als wirtschaftlich dringend nötig und der Umwelt nützlich zu rechtfertigen. Hoffentlich ist das Resultat nicht eine zwischen den Interessen Abu Dhabis und russischer und deutscher Firmen zerbröselte OMV AG.