Mit ihrer Modelinie will die Wiener Modedesignerin Canan Ekici irgendwann muslimische Haute Couture schneidern.
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Wien. Auf den ersten Blick erscheint das Dirndl schlicht und modern. Sieht man jedoch genauer hin, fallen einem die verschlungenen Elemente auf dem Oberteil auf. Es handelt sich hierbei um eine arabische Kalligrafie, angebracht als Stickerei auf einem traditionell österreichischen Dirndl. Diese exotische Modekombination ist Canan Ekici zuzuschreiben. Unter dem Label "Ekicidesign" will die junge Frau vor allem ihrer austro-türkischen Identität Ausdruck verleihen. Die 28-jährige Wienerin hatte schon seit ihrer Jugend die Vision für eine Modelinie, die ihre Kulturen fusioniert. Neuland war die Welt der Schneiderei für sie nicht, ihre Mutter war als Schneiderin tätig. So konnte Ekici sich mit den verschiedensten Techniken, Geräten und Stoffen vertraut machen. Seit ihrem 16. Lebensjahr befasst sich die Österreicherin mit türkischen Wurzeln mit der Modewelt.
Anlass dazu war ihre Entscheidung, das Kopftuch zu tragen. "Es war schwer, sich einen eigenen Kleidungsstil zuzulegen, wenn man ein Kopftuch trägt", erzählt sie. Denn die Vielfalt, die es mittlerweile heute in Online-Shops oder auch in lokalen Geschäften gibt, existierte vor zwölf Jahren noch nicht. "Dennoch scheint hier in Österreich Aufholbedarf zu herrschen, was Mode für Musliminnen betrifft", findet die Wienerin. Auf internationaler Ebene gäbe es einige Designerinnen, die die Lücke des muslimischen Modemarktes ausnützen, nur um Profit zu machen, findet die Architektin. Trotzdem möchte Ekici nicht ausschließlich nur für Musliminnen Kleidung entwerfen. "Ich möchte jungen Mädchen und Frauen nur eine Stilvorlage geben und bei der Identitätssuche helfen", erklärt sie ihre Intention. Schließlich sollte Modedesign nicht nur in der eigenen Community stattfinden. Als Österreicherin mit türkischem Migrationshintergrund säße man zwischen zwei Stühlen. Da brauche es Zeit, seine Identität zu finden.
Österreichische Stoffe, arabische Schrift
In ihrer Jugend habe sich die junge Frau nur hobbymäßig mit Mode beschäftigt, hauptsächlich, um ihre eigene Kleidung zu entwerfen und umzusetzen. Nach der Matura folgten das Architekturstudium und später die Arbeit als Innenarchitektin. Doch schon während des Studiums widmete sie sich verstärkt der Mode. "Ich brauchte wieder Abwechslung und habe gespürt, wie es mich immer wieder zum Modedesign gezogen hat, denn das hat mich immer glücklich gemacht", berichtet die junge Mutter. Ihre Entwürfe stießen auf viel positives Feedback. Daraufhin fasste sie den Entschluss, ins kalte Wasser der internationalen Modewelt zu springen. Vor drei Jahren gelang der Wienerin dann der Durchbruch. Die Modewelt wurde aufmerksam auf ihre Modelinie. Vor allem das österreichische Dirndl mit der arabischen Kalligrafie von Osman Özcay erfreut sich großer Beliebtheit. Die Motive und Farben sind osmanisch angehaucht, der Schnitt und die Stoffauswahl österreichischer Herkunft. Die Stickerei ist ein Koranvers und lautet "Iqra" - Lies. "Wir wählten dieses Wort mit der Intention, dass sich die Frau dazu ermutigt fühlen sollte, sich in den verschiedensten Lebensbereichen weiter-zubilden", erklärt Ekici. Diese Kollaboration sei aus ihrer Liebe zur Kunst entstanden. Das traditionelle, aber dennoch moderne Dirndl scheint Frauen anzusprechen - anscheinend nicht nur Musliminnen. "Selbst Frauen aus anderen Kulturkreisen oder Ländern fühlten sich von dem Design angesprochen", das habe sie sehr überrascht, erzählt Ekici. Besonders Frauen aus den Golfstaaten imponiert das Dirndl. "Sie lieben die österreichische Kultur und in der Kalligrafie erkennen sie auch einen Teil ihrer Kultur wieder", sagt die 28-Jährige.
Pionierarbeit für muslimische Mode
Neben der großen Anfrage ist es der Designerin daher wichtig, jeden ihrer Arbeitsschritte genau verfolgen zu können. Vom Entwurf über die Digitalisierung bis hin zur Stoffauswahl ist sie für alles zuständig. Was Materialien und Arbeitskräfte angeht, setzt die Wienerin ihren Fokus auf ihre Heimat Österreich. "Es stand für mich nie zur Debatte, im Ausland zu produzieren, auch wenn das wahrscheinlich billiger wäre", so Ekici. Nachhaltigkeit und hohe Qualitätsansprüche sind ihr ein großes Anliegen, nur so wirkt man dem Kunden gegenüber authentisch. Die Kleidungsstücke schneidert sie auch selbst, professionelle Hilfe holt sie sich nur, wenn sie bei großer Nachfrage nicht mehr nachkommen kann. Was die 28-Jährige besonders freut, ist das ehrliche Interesse seitens der österreichischen Firmen, was ihre Designs betrifft. "So entsteht auch ein Dialog, der zu einem besseren Miteinander führen kann. Mode kann eben auch Menschen verbinden", sagt sie und lacht.
Ihr Wunsch für die Zukunft ist es, dass "Ekicidesign" an Wiedererkennungswert dazugewinnt. "Das klingt vielleicht etwas überspitzt, aber was muslimische Modearbeit anbelangt, könnte man schon sagen, dass ich für heimische Verhältnisse Pionierarbeit geleistet habe", sagt sie nachdenklich. Im Moment beschränkt sich das Ausmaß auf Alltagskleidung und Kleidung für festliche Anlässe. "Vielleicht bin ich in einigen Jahren dazu imstande, muslimische Haute Couture zu entwerfen", sagt sie und lacht.