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Das Parlament übersiedelt in die Hofburg

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Gesamtkosten rund 400 Millionen Euro, davon 352 für den Umbau.


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Wien. Vor genau fünf Jahren, am 16. Jänner 2009, wurde das Projekt Parlamentsumbau gestoppt. Die seit Jahren dringend notwendige Sanierung des Hohen Hauses war ein Opfer der wenige Monate zuvor ausgebrochenen Wirtschaftskrise geworden. Ganz aufgegeben hat Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) das Vorhaben aber nie. Am Mittwoch gaben die sechs Parlamentsparteien in einer Sonderpräsidiale endlich grünes Licht für den Umbau. Prammer zeigte sich vor Journalisten "sehr erfreut", dass der Beschluss einstimmig fiel.

Eine Sanierung des Hohen Hauses ist hoch an der Zeit. "Wäre das Parlament das Gebäude eines privaten Unternehmers, wäre es längst geschlossen", sagte der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ). So weist der Brandschutz gravierende Mängel auf, Evakuierungsmöglichkeiten sind unzureichend, Barrierefreiheit ist nicht gegeben, selbst die vom Gesetzgeber geforderte Gebäudestandfestigkeit kann nicht gewährleistet werden. Zudem ist die Haustechnik veraltet und das Dach ist so marod, dass es beheizt werden muss, weil es die Last einer Schneedecke nicht tragen würde. Mit einem solchen Gebäudezustand sind auch erhebliche Haftungsrisiken für die Republik als Arbeitgeber verbunden.

Bei der Renovierung standen mehrere Varianten zur Verfügung, von Restnutzung mit schrittweiser Einstellung des Betriebs (Kosten: 15,9 Millionen Euro) über die reine Instandsetzung (280,7), Grundsanierung (329,8), bis hin zum Neubau (484,4).

Nachhaltige Sanierung

Entschieden hat man sich letztlich für eine "nachhaltige Sanierung" um 352 Millionen Euro - laut dem Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) die "kosteneffizienteste Variante". Diese umfasst die Behebung aller Schäden und Mängel (Grundsanierung) und zusätzlich die Erschließung von bisher ungenutztem Raum. So soll es etwa eine neue Besuchercafeteria, zusätzliche Ausschusslokale und Büroräumlichkeiten geben. Auch der Plenarsaal wird erneuert. Wie, wird erst im Herbst 2015 feststehen. Dann legt der Generalplaner, der bis Herbst 2014 ausgewählt werden soll (derzeit sind noch zehn Architekten im Rennen), seine Pläne vor. Die Bandbreite reicht von Erhaltung des Saals der Architekten Max Fellerer und Eugen Wörle bis hin zu völliger Neugestaltung.

Als erster Schritt soll bis zum Sommer ein "Parlamentsgebäude-Sanierungsgesetz" beschlossen werden. In drei bis vier Jahren werden dann die Arbeiter anrücken. Über die Einhaltung des Kostendeckels von 352 Millionen Euro (plus/minus zwanzig Prozent) soll neben interner und externer Kontrolle auch ein Leitungsausschuss, bestehend aus Mitgliedern der Fraktionen, wachen. Für das Projekt will das Parlament eine gemeinsame Gesellschaft mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gründen.

Plenum im Redoutensaal

Für die Zeit des Umbaus wird das Parlament komplett abgesiedelt. Die Plenarsitzungen von National- und Bundesrat werden im Großen Redoutensaal in der Wiener Hofburg stattfinden. Dazu müssen die Verträge mit der Hofburg, die auch weiter als Kongresszentrum fungieren soll, so angelegt sein, "dass jederzeit eine Sondersitzung möglich ist", so Prammer.

Für die Parlamentsmitarbeiter werden in der Innenstadt Büros angemietet. Benötigt werden insgesamt 15.000 Quadratmeter. Die Kosten der Vollabsiedlung betragen laut Prammer weitere 40 bis 50 Millionen Euro.

Dass es vonseiten des Finanzministers Einwände gegen das 400-Millionen-Euro-Projekt geben könnte, ist für Prammer kein Problem. Für sie sitzen die Abgeordneten am längeren Hebel: "Es ist relativ einfach: Der Finanzminister kriegt nicht einen Cent für ein Budget, wenn es das Parlament nicht beschließt."

Durch die Entscheidung für die Hofburg kommt der BIG, wo dem Vernehmen nach Ex-Staatssekretärin Christine Marek Michaela Steinacker (beide ÖVP) als Aufsichtsratsvorsitzende ablösen soll, ein möglicher Zwischenmieter für die alte Wirtschaftsuniversität abhanden. In Gesprächen ist die Bundesimmobilienagentur mit der Universität für Bodenkultur. Fix ist, dass die Akademie der Bildenden Künste das derzeit leerstehende Gebäude vorübergehend nutzen wird. Eventuell auch die Uni für angewandte Kunst. In allen drei Hochschulen stehen große Sanierungsarbeiten bevor.

Zeitplan

Bis Sommer 2014 soll das "Parlamentsgebäude-Sanierungsgesetz" verabschiedet werden. Im Herbst 2014 fällt die Entscheidung über den Generalplaner. Im Herbst 2015 sollen die genauen Pläne für den Umbau des Plenarsaals vorliegen. Für 2017/18 sind Absiedlung und Baustart angepeilt. Nach zwei bis drei Jahren Bauzeit, spätestens im Juli 2022, sollen die Bauarbeiten abgeschlossen und das Hohe Haus wieder bezugsfertig sein.