Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
84 Jahre lang haben wir darauf gewartet - jetzt ist der Tropfen endlich gefallen. Am 11. Juli um 18 Uhr mitteuropäischer Zeit konnten irische Forscher erstmals einen fallenden Pechtropfen beobachten. Das Experiment gilt als das langsamste der Welt. Alle zehn bis elf Jahre löst sich dabei eine fingergroße Perle der teerartigen Flüssigkeit aus einem pechgefüllten Trichter. Allerdings hatte niemand diesen Moment jemals zuvor zu Gesicht bekommen.
1927 hatte Thomas Parnell von der Universität Queensland Pech erhitzt und es bei Zimmertemperatur durch einen Trichter laufen lassen. Er wollte zeigen, dass das Derivat aus der Erdöldestillation zähflüssig bleibt, selbst wenn sie bereits fest aussieht. Der Tropfen fiel rund elf Jahre später, allerdings ohne dass Parnell dabei war. Der Physiker verstarb, ohne den Pechtropfen gesehen zu haben. Sein Nachfolger, John Mainstone, verpasste das Ereignis 1988, weil er sich gerade eine Tasse Tee holte. Und im Jahr 2000, als sich der Tropfen wieder löste, fiel die inzwischen installierte Webcam aus.
Experimente zu machen, ohne dass etwas dabei herauskommt, ist bisweilen entmutigend und manchmal sogar mitleiderregend. Denn nun haben die Forscher aus Queensland noch dazu das Pech, vom Schwesterexperiment am Trinity College in Dublin überholt zu werden, obwohl dieses erst 1944 gestartet wurde. Die irischen Forscher konnten den Moment erstmals aufzeichnen und für alle Welt auf YouTube ins Internet stellen. Im Zeitalter der Beschleunigung tut sich die Hochtechnologie offenbar schwer, Momente extremer Langsamkeit zu filmen. Manche Dinge lassen sich eben einfach nicht beschleunigen.