Ein Pfund ist nur noch 1,26 Euro wert. | Starke Parallelen zwischen den USA und Großbritannien. | London. (dpa) Für deutsche Urlauber in Spanien, Italien oder Griechenland wird der Kampf an der Sonnenliegen-Front in diesem Jahr um einiges entspannter. Denn die schärfste Konkurrenz - die Briten - werden sich kommende Saison wohl nicht so oft in den europäischen Mittelmeerländern blicken lassen. Der Grund: Ihre Währung wird im Vergleich zum Euro immer schwächer. Seit Beginn der Finanzmarktturbulenzen im vergangenen Sommer ist das britische Pfund wie im Sturzflug gesunken und kürzlich auf einem Rekordtiefstand gelandet. Nun taucht sogar die für viele Briten lange unsägliche Frage auf: War es ein Fehler, nicht der EU-Währung beizutreten?
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Umgekehrt gesellt sich für die Deutschen zum "billigen" Dollar-Ferienraum nun auch das Inselreich als günstiges Reiseland hinzu - zumindest was die Währung betrifft: Für einen Euro bekommt man mittlerweile fast 80 Pence; zur Einführung des Euro als Bargeld im Jahr 2002 waren es nur 58 Pence. Das Bier im Londoner Pub ist heute also umgerechnet schon für rund 3,80 Euro zu haben, statt für die damaligen etwa 5,20 Euro.
Mehrere Zinssenkungen
Lange machte das Pfund seinem Namen alle Ehre (der Euro wurde dagegen auf der Insel als "toilet currency", also Klo-Währung, bezeichnet) und verlor im Gegensatz zum Dollar nicht an Wert. Investoren lobten sich die hohen Zinsen der Bank of England, mit denen sich mehr verdienen ließ als im Euro-Raum. Doch seit sich die Kreditkrise über Großbritannien zusammengebraut hat, sind diese Zeiten vorbei.
Die Bank of England, die britische Notenbank, senkte in den vergangenen Monaten mehrmals die Zinsen, um die Kreditnot zu lindern. Die Parallelen zwischen Großbritannien und den USA sind besorgniserregend. Tag für Tag werden neue Hiobsbotschaften vermeldet: Die Hauspreise und damit die Immobilienwerte fallen erstmals seit Jahren, die Hypothekenraten steigen, und die britischen Banken veröffentlichen der Reihe nach Megaabschreibungen, weil sie sich am US-Immobilienmarkt mit Ramschkrediten verzettelt haben. "Der Grund für die Schwäche des Pfundes ist der schlechte wirtschaftliche Ausblick in Großbritannien, und der Immobilienmarkt ist die Achillesferse", meint Analyst Michael Klawitter von der Investmentbank Dresdner Kleinwort.
Hohe Verschuldung
Ähnlichkeiten mit den USA bestünden auch in der hohen Verschuldung und den relativ geringen Ersparnissen der Briten. Aber anders als Amerika kann sich Großbritannien nicht auf eine starke Industriebranche berufen, die normalerweise von einer fallenden Währung profitiert, weil die Nachfrage nach Exporten dann steigt. Das Vereinigte Königreich lebt in erster Linie vom Finanzsektor.
Vor allem für den ohnehin schon unter Druck stehenden Premierminister Gordon Brown könnte die Situation ungemütlich werden. Schließlich hat er sich in seiner früheren Funktion als Finanzminister gegen die Einführung des Euro auf der Insel gestemmt.