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Das Phänomen Donald Trump - Make America Great Again

Von Daniel Witzeling

Gastkommentare
Daniel Witzeling ist Psychologe und Sozialforscher. Er leitet das Humaninstitut Vienna (www.humaninstitut.at) und beschäftigt sich als Sozialforscher mit angewandter Psychologie auf verschiedenen gesellschaftlichen Tätigkeitsfeldern.

Die Sehnsucht nach wahrer Größe als Kompensation der eigenen Minderwertigkeit.


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Trump hat im Englischen viele Bedeutungen - von positiven wie "Trumpf" oder "Maultrommel" bis zur negativen umgangssprachlichen Übersetzung mit "Furz". Was Donald Trump von sich gibt, mögen manche Wahlbeobachter tatsächlich eher als politische Winde abtun. Diese wirken im Rest der Welt wie nicht ernstzunehmendes großes Kino, aber offensichtlich springen viele US-Bürger darauf an. Trump ist ein schillernder Selbstdarsteller, dessen Selbstinszenierung ihre Wirkung nicht verfehlt, weil zur rechten Zeit am richtigen Ort. Denn was bedeutet Politik für die Menschen? Die meiste Zeit über ist sie viel zu abstrakt, um die eigene Lebensrealität zu berühren, und dort, wo man sie im täglichen Leben spüren könnte, hat man sich längst an ihre Präsenz gewöhnt, sodass sie nicht mehr wirklich wahrgenommen wird.

Da kommt nun jemand, der die Politbühne zum Theater macht, der keine Probleme hat auszusprechen, was ihm ein Ghostwriter zuflüstert, und der auch keine Berührungsängste mit Fettnäpfchen hat. Trump inszeniert, mobilisiert und entertaint um jeden Preis. Funktioniert es? Nun, er bleibt den Menschen im Gedächtnis, und je schlimmer seine Ausrutscher, umso weiter schraubt er sich in das Gedächtnis und die Realität der Menschen. Also funktioniert es.

Frauen, Minderheiten, körperlich beeinträchtigte Personen - niemand ist vor Trumps verbalen Entgleisungen sicher. Unabhängig davon verfügt der laut eigenen Angaben Selfmade-Milliardär über ein Ego, das seinesgleichen sucht, und spricht anscheinend bestimmte Hoffnungen bei seiner immer größer werdenden Anhängerschaft, die sich oft aus gesellschaftlich weniger gutgestellten Menschen rekrutiert, an. Viele, vor allem Fachkommentatoren, haben Trump bisher massiv unterschätzt. Passiert dies weiter, besteht die reale Chance, dass jene, die ihn schon im Kampf um die Poleposition als republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten falsch eingeschätzt haben, sich am Wahlabend noch ganz schön wundern werden.

Frustration, Perspektivlosigkeit und manifeste Ängste in der Bevölkerung der USA spielen dem grenzenlosen Selbstdarsteller in die Hände. Trump macht nicht den geringsten Versuch, die gesellschaftlich angespannte Situation zu kalmieren. Im Gegenteil: Er gießt mit diabolischer Freude noch Öl ins Feuer eines schon aufgeheizten sozialen Klimas. Das ist die Welle, auf der er ungebremst bis zur Wahl reiten will.

Die US-Medienlandschaft unterstützt ihn dabei gewollt oder auch ungewollt. Trump weiß, wie man mit den Medien spielt und wie man sie sich gezielt zunutze macht. Seine rücksichtslosen und respektlosen Auftritte und verbalen Ausritte sind nicht nur gespielt, sondern zeigen seinen wahren Charakter und den Erfolg des alles und jeden unterordnenden Typus. Politik, eine inszenierte Show oder ein spontan inszeniertes Tohuwabohu dem Prinzip folgend: "Gut und richtig ist, was zum Erfolg führt, und dabei sind alle Mittel recht." Es gibt keine politische Ethik, geschweige denn eine Moral, die auf die Menschen Rücksicht nähme. Deshalb ist es tatsächlich nicht ganz unwahrscheinlich, dass der nächste US-Präsident Donald Trump heißt. Die Frage ist nur: Was kommt dann?