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Das Plenum als Forum der EU

Von Brigitte Pechar

Europaarchiv

Nationalratspräsident Heinz Fischer will der Bevölkerung Europa-Politik näher bringen - und zwar abseits von Sympathie oder Antipathie für die EU-Osterweiterung. Nichts eigne sich dafür besser, als das Parlament, ist Fischer überzeugt. In der ÖVP zeigt man sich zurückhaltend. Es gebe bereits jetzt ausreichend Möglichkeiten, Europa-Themen öffentlich zu debattieren. So finde vor jedem EU-Rat eine öffentliche Hauptausschuss-Sitzung statt. Die grüne Außenpolitiksprecherin Ulrike Lunacek begrüßte den Vorstoß Fischers, trat aber auch dafür ein, den Hauptausschuss und den EU-Unterausschuss schlagkräftiger zu machen.


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"Eine Europadebatte in Gmünd oder Laa an der Thaya ist gut und schön, aber primäre Tribüne für politische Debatten ist der Nationalrat. Eine gute parlamentarische Debatte ist durch nichts zu ersetzen", betonte Fischer gegenüber der "Wiener Zeitung". Natürlich sind die Hauptausschusssitzungen auch medienöffentlich, sie finden aber kaum Niederschlag in der Medienberichterstattung.

Fischer hat deshalb in der Vorwoche an die vier Klubobleute eine "Aktennotiz" ausgesandt, in der er eine umfassendere und tiefer gehende parlamentarische Behandlung der Europathemen urgiert. Vorstellen kann sich der NR-Präsident Plenarsitzungen vor EU-Ratssitzungen und Fragestunden zu rein europäischen Agenden. Dafür bräuchte man keine Änderung der Geschäftsordnung. Sollte eine Europafragestunde - an den Bundeskanzler, die Außenministerin und die Vizekanzlerin - Anklang finden, könnte man das wiederholen. Schon bei der ersten Präsidiale am 19. September will Fischer mit den Klubobmännern einen konkreten Fahrplan festlegen.

Am 19. Oktober findet der informelle EU-Rat in Gent statt, am 14. Dezember beschließt Belgien mit dem formellen Rat in Laeken seine EU-Präsidentschaft. "Möglichst früh im Herbst" soll daher laut NR-Präsident eine Plenarsitzung zu Europafragen stattfinden. Auch die Ratifizierung des Vertrages von Nizza stehe noch an, wobei Ende 2001 keine "deadline" sei, es aber "schön wäre, könnte der Nationalrat dieses Thema noch vor Weihnachten unter Dach und Fach bringen".

Mittelfristig jedenfalls wünscht sich Fischer, dass die Europadebatten im Nationalrat systematisiert werden. Etwa zwei Plenardebatten pro Jahr und einige Europafragestunden sind für ihn ein Richtmaß: "Denn man muss darauf achten, dass das Ganze nicht inflationär wird."

"Jeder Vorschlag des Präsidenten ist zu prüfen", hieß es dazu im ÖVP-Klub. Allerdings erwartet man sich dort durch eine intensivere parlamentarische Behandlung der Europathemen keinen grundsätzlichen Fortschritt. Denn bereits bisher habe der Bundeskanzler nach einem EU-Rat Bericht erstattet.

Die Grünen können Fischers Vorschlag etwas abgewinnen. Eine große Planardebatte zu Europathemen mache durchaus Sinn, auch Fargestunden seien zu begrüßen, sagte Lunacek. Sie wünscht sich aber auch, dass im Hauptausschuss grundsätzliche Positionen als Reisegepäck für die Regierungsmitglieder vor allem zum Allgemeinen Rat beschlossen werden. Natürlich dürften diese nicht zu eng gefasst sein, dass auf EU-Ebene der Handlungsspielraum fehle.