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Nach einer WU-Studie würden Einnahmen bis 2030 auf jährlich 2,5 Milliarden steigen.
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Wien. Die Erbschaftsteuer wurde 2008 zu Recht aufgehoben. Denn der finanzielle Aufwand, sie einzutreiben, stand in keinem Verhältnis mehr zum Aufkommen von nur noch 150 Millionen Euro pro Jahr.
Dieses Argument bekommen jene zu hören, die auf eine Wiedereinführung der Erbschaftsteuer drängen, um damit die Lohnsteuersenkung zu finanzieren.
Die Grünen wollen das mit einer Studie entkräften und haben eine bei WU-Experten Stefan Humer in Auftrag gegeben. Die Studie liegt der "Wiener Zeitung" vor. Sie basiert auf der Vermögenserhebung der Oesterreichischen Nationalbank und hat errechnet, dass eine Erbschaftsteuer auf Immobilien, Finanzvermögen, Betriebe, Land&Forst im Jahr 2016 eine Milliarde Euro brächte. Diese Einnahmen würden dann noch stark steigen - auf 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2030 und zwei Milliarden Euro im Jahr 2060. Grund ist die wachsende Zahl der Erbfälle. Diese soll alleine zwischen heuer und 2030 von 40.000 auf 60.000 Fälle steigen, das jährlich vererbte Volumen von 10 auf 18 Milliarden Euro.
"Generation, die substanziell erbt"
"Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden große Vermögen gebildet. Nun gibt es eine Generation, die substanziell erbt", sagt der Budgetexperte der Grünen, Bruno Rossmann.
Das Modell der Grünen greift ab einem Freibetrag von 500.000 Euro - wie in den USA pro Erbschaftsfall und nicht pro Erbe. Unter dem Freibetrag bliebe Erben steuerfrei. Der Steuersatz würde von fünf Prozent stufenweise auf 25 Prozent steigen, je nach Erbhöhe. Betroffen wären davon die reichsten zehn Prozent mit durschnittlich 4,5 Millionen Euro an Vermögen. Allerdings würde das oberste Prozent 60 Prozent des Aufkommens tragen.
Der Unterschied zum vergleichsweise mickrigen Aufkommen der alten Erbschaftsteuer liegt in der Bewertung von Grundstücken und Immobilien. Die werden jetzt nach dem sogenannten Einheitswert bemessen, der Jahrzehnte nicht mehr angepasst wurde und deswegen meilenweit von den wirklichen Werten der Immobilien entfernt ist. Die Grünen wollen eine Erbschafsteuer, die auf "realistischen Einheitswerten" basiert. Damit könnte aus Sicht Rossmanns auch die juristische Dauerbaustelle Grunderwerbssteuer beendet werden. Die Grunderwerbssteuer, die im Erbfall zu zahlen ist, wurde wegen der zu niedrigen Einheitswerte vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Nun wird sie repariert, aber das könnte wieder verfassungswidrig sein. Denn die ÖVP will bei dieser Steuer nicht stärker zulangen. Die SPÖ hingegen, und hier besonders der Arbeiternehmer-Flügel, will hingegen den Umbau nutzen, um bei Erben wieder stärker zuzulangen.
"Eine neue Erbschaftsteuer ist besser als eine Reform der Grunderwerbssteuer", sagt Rossmann. Die eine würde die andere Steuer im Erbfall ersetzen. Was den administrativen Aufwand betrifft, meint der Grüne: "In zwei Jahren stellen wir ein neues Bewertungsverfahren für die Immobilien auf die Beine. Und es ist ein Unfug, dass die Administration teurer ist als das Aufkommen." Aus seiner Sicht könnte die Steuer also ab 2016 fließen.
Den Superreichen an die Stiftung gehen?
Weitere 1,5 Milliarden wollen die Grünen aus den Stiftungen holen. Rossmann: "Dort liegen 70 bis 80 Milliarden Euro. Stifter stehen auf Vermögenslisten ganz oben - von Flick bis Horten."
Derzeit zahlen Stifter einen Eingangssteuersatz als Ersatz für die Erbschaftsteuer. Das ist laut Rossmann nicht genug. Er glaubt auch nicht, dass die Superreichen vor einer neuen Erbschaftsteuer flüchten würden. "Das lohnt sich nicht. Dafür ist die Nachbesteuerung zu hoch."
Mit ihrem Druck auf einen größeren Beitrag der Reichen sind die Grünen auf Linie mit der SPÖ, Gewerkschaft, Arbeiterkammer oder der Caritas. Damit soll eine Senkung der Lohnsteuer oder die Pflege finanziert werden. Zwar will auch die Regierung eine rasche Lohnsteuersenkung, der Streit über die Gegenfinanzierung wird aber noch eine große Belastungsprobe werden.
Von der klassischen Vermögenssteuer, wie von der SPÖ vor der Wahl getrommelt, halten die Grünen eher wenig. Es sei nämlich ökonomisch problematisch, Substanz zu besteuern, weil es die Substanz aufzehre. Das heißt in der Praxis: Jene, die etwas haben, zahlen dafür und dadurch schrumpft der Besitz.
Bei der Erbschaftssteuer sei diese Steuer noch am ehesten vertretbar, weil ein Erbe für Erbvermögen selbst nichts geleistet habe. Das Argument gilt allerdings nur, wenn man wie die Grünen die Leistungen des Einzelnen und nicht jene der gesamten Familie über Generationen heranzieht.
Was aus Sicht der Grünen noch gegen eine klassische Vermögensteuer spricht: In Europa existiert sie nur noch in sechs Ländern, während zwei Drittel der EU-Länder Erbschaftsteuern einheben.
Die SPÖ forderte vor der Wahl neben der Vermögenssteuer eine Erbschaftsteuer ab einem Freibetrag von einer Million Euro. Beides brachte sie nicht durch, weil der Koalitionspartner ÖVP strikt dagegen war und ist. Die Volkspartei lehnt neue Steuern generell ab, weil die Steuerbelastung in Österreich schon hoch genug sei (was Finanzminister Michael Spindelegger freilich nicht daran hinderte, die Steuern für die sogenannten "public bads" wie Rauchen, Trinken und - im ökologischen Sinne - Autofahren zu erhöhen). Der Wirtschaftsflügel der ÖVP warnt außerdem davor, dass eine Erbschaftsteuer die Übergabe von Betrieben verteuert würde und damit für Schließungen verantwortlich wäre.
"Wollen mittlere Betriebe nicht umbringen"
Rossmann sieht Kleinbetriebe gering betroffen, da über 50 Prozent des Betriebsvermögens auf das reichtste Zehntel entfalle, das eher an Großbetrieben beteiligt sei. Bei Firmen könnte die Freigrenze zudem angehoben werden. Und sollte ein Betrieb bei Übergabe schlecht gehen, könnte die Erbschaftsteuer auch gestreckt oder gestundet werden wie in Deutschland. "Wir wollen Klein- und Mittelbetriebe natürlich nicht umbringen, in dem wir Betriebsübergaben unmöglich machen." In Deutschland würden Betriebe die Erbschaftsteuer dank solcher Ausnahmen locker aushalten.