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Das Publikum bei der Paartherapie

Von Christina Böck

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Ein paar Abonnenten werden vielleicht aufgeatmet haben. Endlich eine harmlose Komödie und kein sperriges Problemstück mit Nackten und Drogen, werden sie vielleicht gedacht haben. Am Montag Abend hat das Wiener Volkstheater bekanntgegeben, dass die Premiere von Thomas Glavinics Stück "Mug Shots" verschoben wird und stattdessen "Halbe Wahrheiten" von Alan Ayckbourn gegeben wird. Glavinic sei mit dem Regiekonzept nicht einverstanden gewesen, also inszeniere er sein Stück im Dezember selbst, so das Theater. Das Timing dieser Änderung könnte kaum doppelbödiger sein. Erst am Samstag hatte Intendantin Anna Badora Abonnenten der Bezirketour zur Aussprache geladen. Diese Extraschiene wurde einmal eingeführt, um Menschen, die zur Erbauung und Unterhaltung ins Theater kommen, als Kunden zu gewinnen. Die fühlen sich derzeit von Anna Badora nicht so gut bedient. Erboste Anrufe selbst in dieser Redaktion, nach, nun ja, divers aufgenommenen Premieren zeigen, dass es auch im Haupthaus Differenzen zwischen der Abonnentenerwartung und der künstlerischen Vision der neuen Führung gibt.

Nun ist es natürlich nicht die Aufgabe eines Theaters, die Abonnenten zu befrieden, die vielleicht einfach weniger progressiv sind. Es ist Badora anzurechnen, dass sie sich dem direkten Gespräch mit den Menschen, die sich nicht richtig betreut fühlen, stellt. Es spricht aber auch für die Leidenschaft der Abonnenten, dass sie nicht so einfach hinschmeißen wollen. Auch irgendwie spannend, einem Theater und seinem Publikum bei der Beziehungsarbeit zuzusehen.