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Statt auf Dialog zwischen Donald Trump und Wladimir Putin zu hoffen, setzt die Nato auf einen militärischen Schutzwall.
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Bei der heurigen Sicherheitskonferenz in München war sie ein brennendes Thema. Besonders für die deutsche Bundesregierung ist sie eine strategische Notwendigkeit, ja eine Verpflichtung dem Friedensprojekt Europa gegenüber: Die Nato gilt als wichtigster Pfeiler für die transatlantischen Beziehungen und wohl als Hauptgrund für die politische und wirtschaftliche Entfremdung zu Russland. Noch in der Ära des US-Präsidenten Barack Obama wurde eine Verstärkung von Nato-Truppen an Europas Ostflanke beschlossen, die von den baltischen Staaten, Polen und Deutschland begrüßt wurde. Nach dem Präsidentschaftswahlsieg Donald Trumps schien die Allianz zur "Verteidigung gegen Russland" bedroht. Doch das plötzliche Engagement von Angela Merkels Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die auf eine Stärkung der Nato abzielt, könnte sich für ein friedliches Europa als verheerend erweisen.
Ohnmächtig in der Flüchtlingskrise, angriffslustig gegen Russland und Wladimir Putin: Dieser Zustand kennzeichnet nicht nur die Nato, die sich aus dem Krieg in Syrien offiziell heraushält, aber wichtigen Mitgliedern wie der Türkei freies Feld überlässt. Vor allem die Regierungen in Osteuropa, die bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht gerade als Musterschüler gelten, legen ein erstaunliches Solidaritätsgefühl an den Tag, was Aufrüstung und Manöver an ihren Grenzen angeht. Nach der umstrittenen Krim-Annexion treten alte Feindbilder wieder zum Vorschein, ja sie werden von zahlreichen Medien täglich neu geschürt.
So hat Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite, die in einem "Spiegel"-Interview klare Parallelen zur Ära der Sowjetunion zog, die Führung von Nato-Bataillonen in Litauen durch die deutsche Bundeswehr als "symbolisch und sehr wichtig" bezeichnet. Auch die polnische Regierung zelebrierte die Aufstockung von 4000 US-Soldaten im Rahmen der Operation "Atlantic Resolve", die als größte Truppenverlegung in Osteuropa seit dem Ende des Kalten Krieges gilt.
Politiker, die das Kräftemessen zwischen der Nato und dem Kreml nicht befürworten, werden rasch getadelt und kritische Medienberichte zunehmend als "Fake News" diskreditiert. Als zum Beispiel der frühere deutsche Außenminister und jetzige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es wagte, die militärischen Drohgebärden an der Ostflanke anzuprangern und an mehr Dialogbereitschaft zu appellieren, geriet er sofort ins Kreuzfeuer der Kritik von Merkels CDU.
Die Nato hat angekündigt, den "Krieg gegen den Terror" voranzutreiben. Deutschland will dabei eine größere Rolle spielen. Dieser Führungsanspruch ist nicht nur im Hinblick auf die deutsche Vergangenheit höchst bedenklich. Die willfährige und unberechenbare Politik von US-Präsident Trump stellt Europa vor neue Herausforderungen. Wäre es da nicht klüger, auf Dialog zwischen Putin und Trump zu hoffen und alles nur Erdenkliche zu tun, um der Aufrüstung ein rasches Ende zu setzen? Stattdessen beteiligt man sich euphorisch am Bau eines neuen militärischen Schutzwalls, der in seiner Intention um nichts besser ist als jener zwischen den USA und Mexiko.