In der Debatte um Justizreformen fordert Rumäniens Regierung "Respekt" von der EU - und argumentiert ähnlich wie Budapest und Warschau.
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Zuerst zum belgischen König, dann zur rumänischen Staats- und Regierungsspitze: Die EU-Kommission rund um Präsident Jean-Claude Juncker wird am Donnerstag Treffen in gleich mehreren Ländern absolvieren. Nach dem königlichen Neujahrsempfang in Brüssel steht eine Eröffnungszeremonie in Bukarest im Terminkalender der Kommissionsmitglieder. Rumänien hat vor wenigen Tagen von Österreich den EU-Vorsitz übernommen; mit einem Festakt soll dies nun unterstrichen werden.
Dass die gesamte Kommission in die Hauptstadt jenes Landes reist, das in den folgenden sechs Monaten die Ratspräsidentschaft innehat, ist nichts Außergewöhnliches, sondern eine halbjährlich wiederkehrende Übung. Nicht so gewöhnlich ist hingegen die Skepsis, die EU-Politiker nicht nur hinter der Hand, sondern öffentlich äußern. So brachte auch Juncker Zweifel an den Vorsitzfähigkeiten Rumäniens vor. Die Eignung seines Landes hatte zwar selbst Staatspräsident Klaus Johannis in Frage gestellt, diese dann aber kurze Zeit später positiv beantwortet.
Dennoch bezeichnete er am Freitag - bei seiner ersten Pressekonferenz in diesem Jahr - genau das als seine Prioritäten, was die EU-Institutionen von dem südosteuropäischen Mitglied fordern: "die Festigung des Rechtsstaats, einschließlich einer dezidierten Korruptionsbekämpfung". Um die ist nämlich ein heftiger Zwist entbrannt, der nicht nur das Verhältnis zwischen Brüssel und Bukarest trübt, sondern auch jenes zwischen Präsident und Regierung. Das Kabinett aus Sozialdemokraten und Liberalen will eine umstrittene Justizreform durchsetzen, die auch ein Amnestiegesetz für korrupte Beamte und Politiker beinhaltet. Johannis, der bürgerlichen Opposition nahestehend, hat Einwände.
In welchem Ausmaß die Scharmützel zwischen Staats- und Regierungsspitze in die Arbeit des EU-Vorsitzes einfließen werden, wird sich noch weisen. Schon gibt es in Bukarest jedenfalls eine Debatte darüber, wer Rumänien bei EU-Gipfeln vertreten soll. Premierministerin Viorica Dancila hat bereits angekündigt, diese Rolle übernehmen zu wollen. Obwohl diese laut einer Entscheidung des Verfassungsgerichts dem Präsidenten obliegt.
Abgesehen von personellen Zwistigkeiten und inhaltlichen Sorgen zum Stand der Rechtsstaatlichkeit in einem EU-Staat, fällt der Ton der Debatte innerhalb der Gemeinschaft auf. Die Kritik an Rumänien falle deswegen so heftig aus, weil es ein osteuropäisches Land sei, meinte Dancila. Eine ähnliche Argumentation kommt aus Ungarn und Polen, wo die Rechtsstaatlichkeit bereits auf dem Prüfstand steht. Wie Budapest und Warschau ruft nun Bukarest dazu auf, "Respekt" für die jüngeren Unionsmitglieder zu zeigen. Es ist nämlich nicht von der Hand zu weisen: So berechtigt das Pochen auf die Einhaltung gemeinsamer Vorgaben auch ist, kamen aus Westeuropa oft genug Belehrungen statt Dialogbereitschaft.
Rumänien ist übrigens nicht das erste Vorsitzland, das wegen Mängel im Kampf gegen die Korruption unter Sonderbeobachtung der EU-Kommission steht. Bulgarien reiht sich da auch ein. Es hatte vor Österreich die Ratspräsidentschaft inne.