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Das Recht, nicht in die Luft zu gehen

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Spagat zwischen Sicherheit und Grundrechten. | Einstimmigkeit als Hindernis. | Wien. Der Preis von Sicherheit ist hoch: Schutz vor Terrorismus geht nämlich Hand in Hand mit Einschnitten in Bürgerrechte. Hier tauchen Fragen betreffend den Datenschutz oder die Verfahrensrechte auf.


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Und genau da liegt die Herausforderung auf europäischer Ebene: "Es ist wichtig, eine Balance zwischen Bürgerrechten und Sicherheit zu finden", hob der EU-Justizkommissar Franco Frattini anlässlich des vierten Europäischen Juristentags in Wien bei einer Veranstaltung am Juridicum hervor.

Zäher Fortschritt

Das Problem ist bekannt: Einerseits müsste die Privatsphäre des Einzelnen geschützt werden, andererseits ist die Datenweitergabe zum Schutz vor Terrorismus unerlässlich. Und schließlich ist Sicherheit auch ein Grundrecht, erklärte Frattini: "Es ist ein Grundrecht, mit dem Bus zu fahren, ohne dabei in die Luft zu gehen."

Dass der Spagat zwischen dem Schutz der Grundrechte und der Gewährleistung von Sicherheit nur auf Gemeinschaftsebene gelingen kann, davon ist Frattini überzeugt.

Und so steht der Europäische Juristentag auch ganz im Licht der grenzüberschreitenden Rechtsnormen - ein Thema, das von Justizministerin Maria Berger als sehr schwerfällig empfunden wird. "Es ist schwierig, in dem Bereich der Freiheit und des Rechts Fortschritte zu machen", erklärte sie.

Ein Beispiel sei der Europäische Haftbefehl, durch den die Festnahme und Übergabe von verurteilten oder verdächtigen Personen zwischen den Justizbehörden der EU-Mitgliedstaaten geregelt wurde. Die Einigung auf den Rahmenbeschluss war laut Berger ein sehr mühsamer Prozess.

Auch im Nachhinein stieß das Instrument in einzelnen Mitgliedstaaten auf Widerstand. So hatte der Europäische Gerichtshof erst kürzlich anlässlich einer Klage einer belgischen Rechtsanwaltsvereinigung die Gültigkeit des Rahmenbeschlusses festgestellt.

Alina Lengauer, die Vizedekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Wien, steht dem Europäischen Haftbefehl kritisch gegenüber. Sie hält es für problematisch, dass die Gerichte unter Ausschaltung der Exekutive zusammenarbeiten. Lengauer mahnt auch, bei den Gemeinschaftsinitiativen stets eine Abwägung zwischen den jeweiligen Zielen und den Maßnahmen vorzunehmen.

Kein Veto-Recht

Als Ursache für die schleichenden Entwicklungen im Kompetenzbereich von Frattini sehen sowohl der Kommissar selbst als auch die Justizministerin das Prinzip der Einstimmigkeit bei Gemeinschaftsentscheidungen. Frattini forderte deshalb, die Veto-Möglichkeiten zugunsten von Mehrheitsentscheidungen abzuschaffen. So könnte verhindert werden, dass sich einzelne Mitgliedstaaten gegen EU-Projekte querlegen.

Auch Berger übte bei der Veranstaltung am Juridicum Kritik an den Mitgliedstaaten, die Entscheidungen mit Vorliebe blockieren. Für sie ist dies mit ein Grund, warum Europa in dem Bereich der Justiz und den inneren Angelegenheiten "noch immer nicht funktioniert".

Harmonisierung

Ziel des Juristentags, der heute, Samstag, endet, ist in dem Sinn, die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten zusammenzuführen - und zwar in den Bereichen des Vertragsrechts, des Strafrechts und der Migration.

Mit der gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen im Zivil- und Strafrecht und den aktuellen Vereinheitlichungsbestrebungen im Verbraucherschutzrecht will sich Frattini nicht zufrieden geben: "Das ist nicht genug", stellte er entschieden fest.

Illegale Migration

Besonders der Bereich Migration liegt dem Italiener am Herzen. Um illegale Migration aufzuhalten, hält er es für wichtig, Unternehmer zu bestrafen, die illegale Migranten beschäftigen. Dazu müssten die nationalen Rechtsordnungen harmonisiert werden, meinte Frattini. Umgekehrt soll legale Migration mit einem europäischen Integrationsfonds gefördert werden. Mehr Unterstützung wünscht sich Frattini von der muslimischen Gesellschaft.