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Kaum Chancen auf nahtlose Amtsübergabe. | Adamovich: SPÖ wird ÖVP-Kandidaten nicht akzeptieren. | Großes Postenpaket würde Spielraum erweitern. | Wien. Das Rennen um den Job des höchsten Verfassungshüters ist nach dem angekündigten Rücktritt von Karl Korinek am 11. März nun auch offiziell eröffnet. Im Amtsblatt wird die Funktion des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist läuft bis 25. April.
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Mit einer nahtlosen Amtsübergabe, wie sie sich Korinek gewünscht hatte, dürfte es aber nichts werden. Dieser legt auf dringendes ärztliches Anraten seine Funktion per 30. April zurück. Am selben Tag tritt auch der Ministerrat, der einstimmig einen Bewerber nominieren muss, zu seiner wöchentlichen Sitzung zusammen.
Allerdings ist es auch unter dem jüngst ausgerufenen Tauwetter in der Koalition kaum vorstellbar, dass sich SPÖ und ÖVP in dieser Kürze auf einen neuen VfGH-Präsidenten einigen werden. Und selbst wenn, so müsste auch noch Bundespräsident Heinz Fischer am selben Tag sein Placet geben. Aller Voraussicht nach wird daher wohl bis zur ordentlichen Bestellung eines Nachfolgers VfGH-Vizepräsidentin Brigitte Bierlein die Geschäfte führen.
Wenig Neues gibt es bei den als möglichen Nachfolgern gehandelten Namen: Auf SPÖ-Seite kursieren Verwaltungsgerichtshof-Präsident Clemens Jabloner ("Ich sage dazu überhaupt nichts") sowie VfGH-Richterin Claudia Kahr als Anwärter; Johannes Schnizer, derzeit Kabinettschef von Bundeskanzler Gusenbauer, werden kaum Chancen eingeräumt. Als ÖVP-Kandidaten gelten Vize-Präsidentin Bierlein und VfGH-Richter Christoph Grabenwarter.
Traditionell sind die Richterposten am VfGH und VwGH streng großkoalitionär aufgeteilt, wobei der VfGH als schwarze, der VwGH als rote Domäne gilt. Ob das so bleibt, ist allerdings fraglich. So kann sich etwa Ex-VfGH-Präsident Ludwig Adamovich "nicht vorstellen, dass die SPÖ akzeptieren wird, dass im VfGH auch weiterhin weder der Präsident noch sein Stellvertreter von ihr nominiert sind". Sowohl Korinek als auch Bierlein werden der ÖVP zugerechnet.
Aber auch grundsätzlich sind für Adamovich die Zeiten politischer Erbpachten vorbei. Um diese zu zementieren, sollen die Klubs von SPÖ und ÖVP in den 70ern eine Grundsatzvereinbarung geschlossen haben, die - so will es die Mär - in der Hitze der Auseinandersetzungen des Jahres 2000 von SPÖ-Seite zerrissen worden sein soll. Peter Kostelka, damals SPÖ-Klubchef und nunmehr Volksanwalt, verweist diese Geschichte jedoch in das Reich der Legenden.
Einen Favoriten aus dem Kreis der kursierenden Namen zu nennen, ist kaum möglich. Für Adamovich spricht derzeit mehr für eine interne Lösung: So gesehen wäre Claudia Kahr in guter Position - mit Bierlein als schwarzer Vize müsste dann lediglich noch ein neues VfGH-Mitglied ernannt werden.
Gemäß einer anderen politischen Logik könnte der Posten des VfGH-Präsidenten aber auch in ein großes rot-schwarzes Personalpaket integriert werden, das demnächst zur Entscheidung ansteht. So wird der ÖVP-nahe ÖBB-Chef Martin Huber als Ablösekandidat gehandelt; auch die Spitze der Nationalbank gilt es noch heuer neu zu regeln: Hier ist Ex-Bawag-Chef Ewald Nowotny (SPÖ) Favorit für die Nachfolge von ÖNB-Gouverneur Klaus Liebscher (ÖVP); seit kurzem wird Böhler-Uddeholm-Manager Claus Raidl (ÖVP) als Kandidat für das Erbe von ÖNB-Präsident Herbert Schimetschek (SPÖ) gehandelt. Und auch die Leitung des Verbund steht wieder einmal zur Disposition. Viel Verschubmasse für die Personalstrategen der großen Koalition.