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"Das Risiko liegt ja beim Veranstalter"

Von Brigitte Pechar

Politik
Gegen Experimente mit der Neuen Mittelschule sprechen sich Experten aus. Foto: bb

Schilcher: Wer Gesetz ablehnt, steht nicht zum Regierungsprogramm. | ÖVP: Neue Modelle nicht vorgesehen. | Wien. Die Neue Mittelschule (NMS) scheint innerhalb der Regierung noch keine anerkannte Schulform zu sein. Vor allem der von Bildungsministerin Claudia Schmied ausgeschickte Entwurf für eine Novelle des Schulorganisationsgesetzes (Schog) wurde vom Koalitionspartner ÖVP mit Widerwillen aufgenommen. Am 31. Oktober entscheidet darüber der Ministerrat.


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Die ÖVP fürchtet die Einführung der Gesamtschule durch die Hintertür und argumentiert, dass Schulversuche einer Genehmigung durch die Schulpartner bedürfen - also einer Zwei-Drittel-Mehrheit von Eltern, Schülern und Lehrern.

Schmied stützte sich bei ihrer Gesetzesnovelle auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Bernd-Christian Funk. Laut diesem sind Modellregionen wie sie zum Testen der NMS geplant sind, mit dem derzeit geltenden Schog nicht möglich. Einerseits wird darin nämlich festgehalten, dass eine Gliederung in Pflichtschulen und höhere Schulen gegeben sein muss, andererseits lässt Paragraf 7 Schulversuche nur an 5 Prozent der Schulen eines Bundeslandes zu.

Am Mittwoch haben sich der Vorsitzende der Expertenkommission zur NMS, Bernd Schilcher, und der Verfassungsrechtler Funk neuerlich für die Umsetzung der NMS-Modellregionen über eine Gesetzesänderung stark gemacht.

Funk sieht das Konzept zur NMS im Gesetzesentwurf als "sehr systemverträglich" - auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht. "Man kann Maßnahmen dieser Tragweite nicht als Schulversuch machen. Das ist als sagte ich, wir verlassen jetzt probeweise unseren Planeten", meinte Funk. Der Angelpunkt sei aber die Bildungspolitik.

Und da bleibt Schilcher, früher langjähriger steirischer Landesschulratspräsident, seinen Parteifreunden von der ÖVP wenig schuldig: "Wer sagt, ich bin gegen das Gesetz, der ist gegen die Versuche und bricht somit das Regierungsübereinkommen." Schilcher erinnerte einmal mehr an den einstimmigen ÖVP-Vorstandsbeschluss von 1975 für die Einführung einer Gesamtschule. Außerdem an die unzähligen Studien seitens der OECD, der EU oder des IHS, in denen durchwegs die frühe Schulentscheidung in Österreich beklagt wird.

Zudem beruhigt Schilcher die ÖVP, was die Zustimmung der Eltern betrifft: Man könne bei einer neuen Schule niemanden abstimmen lassen, weil es ja vorher niemand Definierten gebe. Aber die Abstimmung erfolge dadurch, dass Eltern ihre Kinder in diese neue Schulform schicken. "Wenn sich niemand für die NMS anmeldet, ist das Projekt gescheitert. Das Risiko liegt beim Veranstalter."

ÖVP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer verwies in einer Reaktion darauf, dass im Regierungsübereinkommen ausschließlich die Rede davon sei, bestehende Schulversuche zu evaluieren. Von neuen Modellen sei nicht die Rede.