Die Salzburger Gebietskrankenkasse will über den Wettbewerb die Medikamentenpreise senken. Das wird funktionieren - aber zu welchem Preis?
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Wenn ein Unternehmen ein Originalmedikament von den Kassen erstattet haben will, darf es den Preis - den sogenannten Fabriksabgabepreis - nicht selbst festlegen. Zuerst wird der EU-Durchschnittspreis ermittelt, denn kein Original darf teurer als dieser sein. Auf dieser Basis wird dann mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger als Monopoleinkäufer verhandelt. Deshalb sind die Medikamentenpreise in Östereich im internationalen Vergleich niedrig. Generika, also Imitate der Originale, müssen sich nicht an EU-Durchschnittspreise halten, deshalb sind deren Preise vergleichsweise hoch.
Nun gibt es ein weiteres Spezifikum. Originale sind an die Generikapreise gebunden. Je nachdem, wie viele Generika es gibt, müssen entsprechende Originale mit dem Preis runter. Ab dem dritten Generikum darf das Original nicht teurer, als das teuerste Generikum sein.
Am Ende geben die Kassen, auf Basis des Fabriksabgabepreises, knapp zwei Milliarden Euro aus. Dazu kommt noch eine Milliarde Euro für die staatlich festgelegten Handeslsspannen der Großhändler und Apotheken.
Gemessen an den Preisen für Originale ist diese regulierte Vorgangsweise erfolgreich, aber nicht ungefährlich. Das zeigt die Tatsache, dass der oligopolartig organisierte Großhandel begonnen hat, zu exportieren und die niedrigen Einstandspreise dazu zu nützen, international höhere Gewinne als die hierzulande festgelegten Handelsspannen abzugreifen. Die Folge sind Lieferschwierigkeiten für einzelne Medikamente in Österreich.
Was heißt das nun im Zusammenhang mit der Salzburger Liste?
Da Originalmedikamente, wenn es mindestens drei Generika gibt, etwa gleich viel kosten, stehen Produzenten in einem preisunabhängigen Wettbewerb. Wer verkaufen will, kann sich nur durch Service abgrenzen. Es ist müßig nachzudenken, inwieweit es dabei unethisch zugeht. Am Ende, so will es das System, bleibt nur der Service, um Produkte an Ärzte und damit an Patienten zu bringen. Und weil es in Österreich kaum pharmaunabhängige Fortbildung gibt, bildet dieser Service eine wichtige Stütze für die Qualität der Versorgung.
Die Idee der Salzburger Liste ist es nun, einen additiven Preiskampf einzuführen. Da die Generikapreise in Österreich hoch sind, wird es zu einem solchen kommen. Als Billigstbieter hat man damit die Chance, für eine Zeit lang "quasi"-Monopolverkäufer zu sein, ganz ohne Vertriebssystem und Sponsoring etwa von Weiterbildungsveranstaltungen. Wirklich große Generikahersteller werden diese Chance nützen.
In der Folge werden Generika-Preise sinken. Die Kleinen werden sich das nicht leisten können und aufhören. Der heute atomisierte Markt, wird zunehmend von Großen dominiert werden. Weiters wird es aufgrund der bestehenden Gesetzeslage dazu kommen, dass die Preise für Originale noch weiter sinken müssten. Spätestens dann werden internationale Unternehmen nachdenken, ob sie Österreich noch beliefern. Und da der Großhandel bereits begonnen hat zu exportieren und so international auf Preise drückt, wird diese Entscheidung leicht fallen. Die Folge ist, dass Medikamente gar nicht mehr angeboten, und immer mehr Unternehmen ihre Forschungsaktivitäten und (auch die Generikafirmen) Vertriebssysteme einstellen werden.
Durch Kombination aus planwirtschaftlicher Preisregulierung und marktwirtschaftlichem Preiswettbewerb wird so die medikamentöse, und wohl auch - wegen immer schwieriger zu findenden Sponsoren für Fortbildungsveranstaltungen - die ärztliche Versorgung leiden. Und das alles wegen ein paar kurzfristig ersparter Millionen, die das System ohnehin nicht retten können.
Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.