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Das Saudi-Revival

Von Klaus Huhold

Politik

Seine erste Auslandreise führt Trump nach Saudi-Arabien. Die USA wollen offenbar wieder enger mit dem problematischen Partner kooperieren.


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Riad/Wien. Der saudische König Salman und seine Entourage werden Donald Trump eine große Bühne bereiten. Rund 55 Staatschefs aus Ländern mit muslimischer Bevölkerung sind geladen, wenn der Immobilen-Tycoon am Wochenende seinen ersten Staatsbesuch als US-Präsident absolviert. Trump wird als Gast an einem Gipfeltreffen muslimischer Länder teilnehmen.

Der 70-Jährige hat Großes vor: Ausgerechnet Trump, der per Dekret versuchte, die Einreise von Moslems aus bestimmten Ländern pauschal zu verbieten (was die US-Gerichte verhinderten) will nun eine Rede über den Islam halten, zumindest wurde das angekündigt. Er möchte dabei offenbar eine friedvolle Vision des Islam skizzieren. Und das ausgerechnet in Saudi-Arabien, einem fundamentalistschen Staat, in dem keine andere Religion erlaubt ist, in dem Frauen für fast jeden Schritt im öffentlichen Leben die Erlaubnis eines Mannes brauchen und in dem Verurteilte geköpft werden.

Bündnis mit Klerus

Die Grundlage dieser rigiden Auslegung des Islams ist der Wahhabismus, und der ist in Saudi-Arabien Staatsreligion. Für nicht wenige Beobachter hat der vollkommen intolerante Wahhabismus mit seinem Alleinherrschaftsanspruch auch die Saat für den Terrorismus gelegt. "Der moderne Dschihadismus, wie wir ihn bei Al-Kaida und dem Islamischen Staat sehen, ist eine Weiterentwicklung des Wahhabismus und hat seine Wurzeln in Saudi-Arabien", sagt auch der Islamwissenschaftler und Historiker Sebastian Sons, der für die Denkfabrik "Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik" forscht.

Beredtes Beispiel dafür ist, dass 15 der 19 Attentäter vom 11. September 2001 aus Saudi-Arabien stammten. Das war offenbar auch ein Weckruf für das Königshaus.

"Nach dem 11. September hat es damit begonnen, gegen Dschihadisten vorzugehen", berichtet Sons. Zumal es mittlerweile selbst von islamistischen Gotteskriegern bedroht wird. Der Kampf gegen den Dschihadismus findet aber nur "auf sicherheitspolitischer und nicht auf ideologischer Ebene" statt, betont Sons im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Sprich: Es wird nicht daran gedacht, den Wahhabismus zu reformieren. Denn damit würde das saudische Königshaus seine eigenen Herrschaft gefährden.

Der Klerus legitimiert die Regentschaft des Hauses Saud. Dieses schüttet dafür das finanzielle Füllhorn über die Prediger aus. "Es ist ein Zweckbündnis, das beide Seiten brauchen, um weiter existieren zu können", erläutert Sons.

Das Dilemma des Westens

Damit stecken auch die USA und Europa in einem Dilemma, sagt Sons, der in seinem Buch "Auf Sand gebaut" die saudische Gesellschaft und die Außenbeziehungen Saudi-Arabiens analysiert hat. "Einerseits braucht der Westen die Saudis, um im Anti-Terror-Kampf voranzukommen. Andererseits nimmt man sehr wohl wahr, dass der Wahhabismus Dschihadisten in aller Welt als Inspirationsquelle dient."

Doch der Westen meint auch, dass er weit über den Kampf gegen Terrorismus Saudi-Arabien benötigt. Nach dem Arabischen Frühling gilt Riad als Anker der Stabilität in einer Region, die sich in Aufruhr befindet.

Laut Sons täuscht man sich hier aber selbst: Spätestens seit 2015, als Riad im Jemen einschritt, ist Saudi-Arabien kein stabilisierender Faktor mehr. Das militärische Eingreifen Saudi-Arabiens, das eine Allianz mehrerer Staaten anführt, habe dazu geführt, "dass sich die humanitäre Katastrophe im Jemen ausgeweitet hat", betont Sons.

Im Jemen hat der Krieg hunderttausende Menschen vertrieben, es fehlt an genügend Nahrung und mittlerweile ist wegen eines Mangels an sauberem Trinkwasser auch eine Cholera-Epidemie ausgebrochen. Der saudischen Allianz werden immer wieder schwere Verbrechen gegen Zivilisten vorgeworfen.

Saudi-Arabien bekämpft dort die Houthi-Rebellen, die in einem Naheverhältnis zum Iran stehen. Der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien kämpfen in der Region um die Vorherrschaft, was verschiedenste Konflikte anfeuert. Auch in Syrien steht der Iran hinter Machthaber Baschar al-Assad, während die Saudis ihn unbedingt gestürzt sehen wollen.

Saudische "Trump-Euphorie"

Und das ist auch der Grund, warum man sich in Riad auf den US-Präsidenten freut. Die Saudis hoffen, dass sich mit dem neuen US-Präsidenten die gegenseitigen Beziehungen wieder aufhellen. Denn unter Barack Obama waren diese auf einem Tiefpunkt angelangt. Damals näherten sich die USA an den Iran an, was in dem Abkommen über das iranische Atomprogramm seinen Ausdruck fand. Trump hingegen wettert gegen den Iran, bezeichnete das Atomabkommen "als schlechtesten Deal aller Zeiten". Das ist Musik in den Ohren von König Salman. In Saudi-Arabien herrscht gar eine "Trump-Euphorie", berichtet Sons. Riad hoffe zudem auch auf eine verstärke Militärkooperation.

Diese Hoffnungen sind nicht unbegründet. Schon im Vorfeld der Trump-Reise machte Vize-Kronprinz Mohammad bin Salman den USA seine Aufwartung. Und laut Berichten der Nachrichtenagentur Reuters wurden dabei Rüstungsdeal im Wert von 100 Milliarden Dollar eingefädelt. Das Volumen könnte während des Trump-Besuchs noch steigen.

Öl und Waffen sind weitere Bindeglieder zwischen dem Westen und Saudi-Arabien. Nicht nur die USA exportieren Waffen in das Königreich, laut Recherchen des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri war Großbritannien zwischen 2012 und 2016 der zweitgrößte Lieferant von Waffen an die Saudis, und auch andere westliche Länder wie Spanien und Frankreich machten gute Geschäfte. Saudi-Arabien rüstet immer mehr auf. Gute Beziehungen zu Riad sind damit für westliche Staaten auch: lukrativ.