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Das Schoko-Gold

Von Thomas Seifert aus Abidjan

Wirtschaft
Mit Kakao lassen sich hervorragende Geschäfte machen, doch die Bauern in Afrika profitieren nur wenig. Kooperativen in Côte d’Ivoire setzen daher immer stärker auf Fairtrade.
© Fairtrade/Luc Gnago

Vom fairen Handel mit Afrika.


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Abidjan. Kuakou N’Goran sitzt unter einem Kakaobaum auf seiner Plantage und plaudert über sein Leben, sein Dorf Tiemokokro und das Kakaogeschäft.

N’Goran hat 18 Kinder mit zwei Frauen und genießt als Dorfweiser bei den Bewohnern besonderen Respekt. Der Mann ist 66 Jahre alt - wobei, wer weiß das schon so genau, haben doch seine Eltern es verabsäumt, für ihn eine Geburtsurkunde ausstellen zu lassen.

In Tiemokokro, dem kleinen Dorf in Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste), in dem N’Goran seine Plantage und sein Häuschen hat, leben die meisten Bauern vom Kakao-Anbau. Das Dorf bringt den geernteten Kakao zur Kakaokooperative CANN (Agricole N’Zrama de N’Douci en Côte d’Ivoire) und CANN beliefert ausschließlich Geschäftspartner, die sich dem Fairtrade-Gedanken verschrieben haben. Fairtrade, das sei eine gute Sache, sagt Koakou N‘Goran, die Bauern erhielten zusätzlich zum Verkaufserlös eine Prämie, auch Arbeitsmittel wie Stiefel und Macheten und zudem finanziere Fairtrade Projekte im Dorf - Tiemokokro ist etwa für seine Schule bekannt, in die Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Gegend kommen. Vorher habe ein libanesischer Händler den Kakao im Dorf aufgekauft, sagt N’Goran, doch es gab weder Prämien noch Gelder für die Schule und auch keine Arbeitshilfsmittel. Dass das Dorf nun an die Kooperative verkaufe, "lohnt sich für uns alle", sagt er in der lokalen Sprache Baoulé.

© Iris.Friedenberger

400.000 Dollar an Fairtrade-Geldern gehen jedes Jahr an die Kooperative CANN mit ihren 700 Bauern. Ein Bauer wie Kuakou N’Goran verdient mit seinen Kakaobohnen rund 2500 Euro im Jahr, Kuakou baut zudem Maniok, Bananen, Obst und Gemüse für den eigenen Bedarf an - was die Familie nicht benötigt, wird verkauft. Für Wohlstand reicht dieses Geld bei Weitem nicht, wer im Dorf ein Fahrrad oder einen Motor-Scooter besitzt, gilt bereits als reich. Einen Luxus besitzen allerdings die meisten Familien: Ein Mobiltelefon (wohlgemerkt kein Smartphone).

N’Goran ist stolz darauf, dass alle seine Kinder zur Schule gehen. "Bildung ist in der heutigen Zeit wichtig wie noch nie. Ich habe mein ganzes Leben lang bedauert, dass sich meine Familie es sich nicht leisten konnte, mich in die Schule zu schicken", sagt N’Goran. Die Schule in Tiemokokro ist für die Dorfbewohner gratis, die Bücher finanziert der Staat, aber die Schuluniformen müssen die Eltern bezahlen. Für die meisten Familien, für die das Geld meist knapp ist, ist die Schuluniform eine nicht unbedeutende Investition.

Ernte in den Kakao-Plantagen

Die Arbeit in der Plantage ist alles andere als einfach, die Temperatur beträgt fast das ganze Jahr um die 30° Celsius, gepaart mit der hohen Luftfeuchtigkeit ist das Klima schweißtreibend, selbst wenn man keiner Feldarbeit nachgehen muss.

Zuerst werden die im Schnitt rund 500 Gramm schweren Kakao-Früchte vom Baum geschlagen, wobei die Feldarbeiter darauf achten müssen, den Baum nicht zu verletzen, da die Blüten, aus denen dann die Kakaofrüchte hervorgehen, direkt aus dem Stamm entspringen.

Die Frucht wird mit einem Holzknüppel-Schlag geöffnet, das weiße Fruchtfleisch aus den Früchten entnommen. Diese weißen Kakaobohnen und das sie umgebende Fruchtfleisch haben noch wenig mit dem Kakao-Aroma gemein, der sich erst später nach der Fermentation und dem Trocknen einstellt.

Bei der Fermentierung werden die frisch geernteten Kakaobohnen auf ein Bananenblatt gelegt und abgedeckt, das Ganze beginnt dann in der Hitze recht rasch zu gären und erwärmt sich dabei auf über 40° Celsius.

Nachdem der Gärvorgang beendet ist, werden die Kakaobohnen getrocknet, nach dem Trocknungsvorgang stellt sich die charakteristische schokoladige, hellbraune Farbe ein.

Kakaobauer Nestor Yao steht an einer riesigen Tischkonstruktion im Dorf Tiemokokro und streicht mit einer Art Glättkelle über die in der glutheißen Sonne trocknenden Kakaobohnen. Der Trocknungsvorgang sei für die Qualität der Bohnen entscheidend, sagt Yao, zudem würde nur vollständig trockene Ware von der Kooperative angekauft. Eine Woche müssen die Bohnen trocknen und verlieren dabei die Hälfte des Gewichts. Sind Bohnen beim Trocknen Schwarz geworden, sind sie verdorben und werden aussortiert.

Yao findet, dass europäische Konsumenten mehr für die Schokolade bezahlen sollten und er ist der Meinung, dass die Bauern in Côte d’Ivoire nicht genug für ihre Mühe entlohnt werden: "Wenn ihr in Europa mehr für die Schokolade bezahlt, bekommen wir hoffentlich bald mehr für unsere harte Arbeit in den Kakaoplantagen."

An der Schokolade verdienen die Bauern nur einen geringen Teil, nur sechs Prozent des Erlöses aus einem Schokoriegel gehen an die Kakaobauern (1980 betrug dieser Anteil noch 16 Prozent), der Rest geht an die Zwischenhändler, Hersteller der restlichen Schokoladebestandteile (Milchpulver, Palmöl, Zucker), Produzenten und den Handel.

Das globale Geschäft mit dem Kakao

Der Kakaohandel ist ein globales Geschäft, Firmen wie Cargill, Archer Daniels Midland Company (ADM), Olam International Limited, Barry Callebaut, Ferrero oder Nestlé spielen dabei eine zentrale Rolle. Der für Europas Handelspartner relevante Preis für Rohkakao wird in London fixiert, wer Kakao aus der Elfenbeinküste exportieren will, braucht eine Exportlizenz der Regierung und muss den Kakaobauern und -kooperativen einen Mindestpreis garantieren.

Côte d’Ivoire ist rund vier mal so groß wie Österreich und hat mit rund 24 Millionen Einwohnern rund drei mal soviele Bürger. Die Lebenserwartung liegt bei 54 Jahren (Österreich: 80,94 Jahre), rund die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut. Von 2002 bis 2007 wütete ein Bürgerkrieg, der 2010 wieder aufflackerte, erst seit dem Ende der Kampfhandlungen 2011 geht es wirtschaftlich wieder steil bergauf, das Wachstum liegt derzeit zwischen acht und neun Prozent, auch die Bildungsindikatoren für das Land haben sich in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Für das westafrikanische Land ist Kakao das wichtigste Exportgut, jede dritte Kakaobohne, die weltweit geerntet wird, stammt von hier. 1,2 Millionen Tonnen Kakaobohnen wurden zuletzt in Côte d’Ivoire produziert, der Löwenanteil ging in den Export, vor allem in Länder der EU, während Indonesien vor allen in andere asiatische Länder und die USA exportiert. Auf Platz drei der Kakao-Produktionstabelle liegt Ghana, gefolgt von Nigeria und Kamerun.

Der Kakaomarkt war in den vergangenen Jahren immer wieder Spielwiese von Hedge-Fonds, die den Preis von Kakao mit Spekulation in die Höhe getrieben haben. Der Londoner Hedge-Fond Armajaro war vor wenigen Jahren auf diesem Markt besonders aktiv und Armajaro-Mitbegründer Anthony Ward wurde ehrfurchtsvoll "Chocfinger" (frei nach dem aus James Bond bekannten Bösewicht Goldfinger) genannt, nachdem er 2010 einen großen Teil des am Markt gehandelten Rohkakaos aufgekauft hatte. Am Ende hatte "Chocfinger" sich aber verspekuliert und der Hedge-Fond musste an den Agrar-Rohstoffhändler mit Sitz in Barcelona, Ecom Agroindustrial, verkauft werden.

Die Kakaopreise sind allerdings abseits der Spekulation seit den 1980er Jahren stetig gefallen: Schon im Jahr 1980 kostete eine Tonne Kakaobohnen 2000 Dollar - heute kostet die Tonne 3375 Dollar. Rechnet man die Inflation ein, bedeutet das ein Preisverfall von minus 50 Prozent über die Jahre- und das spüren die Bauern in Tiemokokro.