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Das Schönwetter-Stalking

Von Bernhard Baumgartner

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Nicht nur die Briten reden gerne über das Wetter, auch hierzulande wird dieses Gesprächsthema immer dann strapaziert, wenn es gilt, die Heerscharen an Engeln abzuwehren, die ansonsten durch den Raum zu schweben drohen - weil man sich sonst einfach nichts zu sagen hat. Manchmal hat man das Gefühl, dass es den österreichischen Radios auch nicht anders geht. Wenn man noch irgendwo eine Minute Sendezeit übrig hat, auf der leider niemand Werbung gebucht hat und die für einen Song eigentlich zu kurz ist - redet man halt über das Wetter.

Das an sich wäre noch nicht verwerflich. Doch die Art und Weise, wie darüber geredet wird, grenzt oft an Meinungsterror. Kaum klettern die Temperaturen in die oberen Zwanziger, werden Phrasen wie "ideales Badewetter, "strahlender Sonnenschein" und "traumhafte Temperaturen" strapaziert. Ganz unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Sonntag oder einen Wochentag handelt, an dem die Mehrzahl der Hörer sicher nicht im Freibad liegt, sondern sich mit schnöden Dingen wie Arbeit, Kinderbetreuung oder etwa dem Verfassen einer Diplomarbeit herumschlägt - lauter Dinge, bei denen die Hitze auch nicht unbedingt förderlich ist. Aber daran wird nicht gedacht, man geht einfach davon aus, dass dieses Land ohnehin automatisch auf der faulen Haut liegt, sobald es warm ist.

Die einen mögen es heiß, die anderen kalt, manche schätzen den Charme eines Nebeltages, andere lieben Badewetter. Es wäre schön, wenn die Radiomacher diese Vielfältigkeit berücksichtigen würden. Wenn ihnen schon kein anderes Thema einfällt.