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Das Schuhwerk als Fitnesscenter

Von Petra Medek

Wirtschaft
Auf den Spuren seines Vaters: Karl Müller junior vom jungen Schweizer Schuhhersteller Joya mit seinem Vater, der mit MBT einen Trend losgetreten hat. Foto: Joya

Hersteller werben mit Funktionen für die Gesundheit. | Wer auf der Wellness-Welle mitreitet, gewinnt. | Wien. Der Schuh als Fitnesscenter liegt im Trend. Die Fußbekleidung bekämpft angeblich Krampfadern und Rückenschmerzen, regt die Fettverbrennung an und soll sogar eine Wunderwaffe gegen Orangenhaut und für einen straffen Po sein. Der Schuh wird multifunktionell, wenn man den Herstellern glauben darf. Was ein Funktionsschuh ist, darüber lässt sich streiten. Schließlich preisen viele ihre Produkte mit Funktionen an - von Einlagen-Verträglichkeit über Wasserdichte bis zum leichten Einstieg für die Älteren.


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US-Firma mit Schuhen, "die glücklich machen"

"Schuhe werden immer funktionsbeladener", weiß Georg Zinell, Geschäftsführer von Humanic. "Auch ein normaler Herren-Lederschuh, wie wir ihn verkaufen, ist ein Funktionsschuh, wenn das Leder eine gute Atmungsfähigkeit hat."

Pionier in der Abroll-Technik war MBT (Massai Barefoot Technology), der 1998 startete. Mittlerweile ist die Liste jener Schuhmarken und Hersteller, die einen gesundheitlichen Effekt versprechen, lang und wird immer länger. Mit optischen Feinheiten versuchen die einzelnen Modelle sich voneinander abzuheben und aus der alternativen Holzschlapfen-Ecke herauszukommen.

Jene, die auf MBT-Pfaden wandeln, haben meist ein augenscheinliches Merkmal: Die auffallende, oft klobig dicke Sohle, die manch einen an Teile von Autoreifen erinnert. Ebenfalls gemein haben die Modelle den gehobenen Preis von bis zu 200 Euro für ein Erwachsenenmodell.

Wie groß der Marktanteil von Schuhwerk mit gesundheitsfördernden Aspekten ist, kann niemand genau sagen. Feststeht aber: Wer auf der Gesundheits-Welle reitet, ist auf der Gewinnerseite. "Wellness und Naturlook sind künftig ganz stark im Kommen", sagt Karl Novak, Berufsgruppensprecher des heimischen Schuhhandels.

"Schuhe, die glücklich machen" verspricht das kalifornische Unternehmen Peppergate Footwear. Das Unternehmen drängt gerade mit der Marke Alegria auf den heimischen Markt.

In den USA lege die Marke seit dem Launch im März 2008 Monat für Monat umsatzmäßig um durchschnittlich 22 Prozent zu - "trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes und obwohl Alegrias nicht gerade billig sind", sagt Vertriebspartner Kurt Halbwachs. Ein Alegria-Modell ist in Österreich ab 109 bis 135 Euro zu haben.

Bereits flott unterwegs in Österreich ist Joya. Das Schweizer Unternehmen will heuer in Österreich bis Ende Juni 80 Händler gelistet haben, erzählt Claudio Minder (30), der die Geschäfte von Joya gemeinsam mit Karl Müller (25) führt. Müller ist der Sohn des MBT-Erfinders Karl Müller senior. Dieser setzt nun selbst auf Kyboot, einem Funktionsschuh mit Luftkissen in der Sohle.

Joya verkauft hingegen nach eigenen Angaben die "weichsten Schuhe der Welt". Bei großen Ketten sind die in der Schweiz konzipierten und in Korea produzierten Schuhe nicht zu finden. "Das würde einen Preiskampf auslösen, wir arbeiten lieber mit kleinen Schuhhäusern, die Wert auf Beratung legen", meint Minder.

Dass die Zahl der Anbieter in seinem Bereich explodiert, sieht Minder nicht so gerne: Es gebe viele Weltmarken, die mittlerweile den Markt für Funktionsschuhe für sich entdeckt hätten. Neben High Heels hätten manche jetzt plötzlich gesundes Schuhwerk im Programm. "Das ist nicht glaubwürdig, ich frage mich, wie lange der Konsument ihnen das abnimmt."

Die Hoffnung ruht auf Julia Roberts

Joya profitiert offenbar davon, nur auf Gesundheitspfaden zu wandeln: Das 2008 gegründete Unternehmen schreibt schwarze Zahlen, und der Umsatz liegt heuer bei 12 Millionen Euro. Rund 160.000 Joya-Paare wurden 2009 in der Schweiz, Österreich, Deutschland, Ungarn und Korea an Mann, Frau und Kind gebracht. Das war viel mehr, als die Jungunternehmer erwartet haben - sie sind mit der Produktion kaum nachgekommen. "Wir sind selber überrascht vom Erfolg."

Derzeit bereiten Minder und Müller gerade den Markteintritt in den USA vor. Und was sie dort erwartet, kann Minder auch nicht abschätzen: "Wer weiß. Vielleicht trägt ja Julia Roberts den Schuh und jemand macht ein Foto von ihr. Dann wollen ihn plötzlich alle."