Grasser weist mit Redeschwall sämtliche Vorwürfe zurück.
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Wien. Es war zu erwarten. Auch am Dienstag hat die allgemeine Amnesie, die die Auskunftspersonen im Korruptionsuntersuchungsausschuss bereits seit Monaten an den Tag legen, wieder kräftig um sich gegriffen. Einzig Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gab sich gewohnt auskunftsfreudig, wenn auch mit immer wieder kehrenden Stehsätzen. Auf der Tagesordnung stand diesmal das - vorgezogene - Beweisthema sechs: Glücksspiel.
Dabei geht es neuerlich um vermutete Beeinflussung der Politik durch große Firmen: 2006 plante der Glücksspielkonzern Novomatic mit der Telekom Austria ein Internetwettenportal. Dazu hätte aber die Monopolstellung der Casinos Austria gekippt werden müssen. Um auf eine Änderung des Glücksspielgesetzes hinzuwirken, haben Telekom und Novomatic eine gemeinsame "Projektgruppe" eingesetzt, die sich in regelmäßigen Abständen in der Agentur Peter Hocheggers traf, wie dieser aussagte. Der Lobbyist bestritt eine maßgebliche Beteiligung an der Causa. Ausgegangen seien die Bestrebungen, das Gesetz zu ändern, von Walter Meischberger. Dazu hätte man bei allen Parteien dafür Stimmung gemacht - allerdings "war von Anfang an klar, dass man das so dezent aufsetzen musste, dass die Befürworter der Casinos in SPÖ und ÖVP davon nichts mitbekommen", sagte Hochegger. Zuständig für die Kontakte zu den Parteien seien andere gewesen, etwa Meischberger oder sein Mitarbeiter Stefan Krenn. So soll Letzterer am Vorabend des Beschlusses der Novelle an den damaligen BZÖ-Klubchef Herbert Scheibner einen fertigen Gesetzesvorschlag geschickt haben. Hochegger meinte dazu, es sei keine Seltenheit, dass Lobbyingfirmen selbst Gesetzesanträge formulieren. Krenn meinte, er sei nur der Bote gewesen. Die Lobbyingbemühungen schienen lange erfolgreich - jedenfalls waren laut Hochegger "alle guter Dinge, man war der Meinung, dass die Regierung das (die Aufweichung des Glücksspielmonopols, Anm.) ermöglichen wird".
"Arbeit eines Laien" um 300.000 Euro
Dann, kurz vor der Beschlussfassung im Hohen Haus am 13. Juli 2006 - der letzten Nationalratssitzung vor den Wahlen - schwenkte das BZÖ um und zog sein Placet zurück. Hochegger konnte sich nicht daran erinnern, dass das BZÖ am Scheitern des Gesetzes beteiligt war. Allerdings hatte Telekom-Vorstand Rudolf Fischer ausgesagt, dass die Orangen deshalb zurückgerudert sind, weil die BZÖ-nahe Werbeagentur Orange von den Lotterien (Teil des Monopolisten Casinos Austria) mit einer Studie zu "Responsible Gaming" beauftragt wurde. Verfasst wurde das sieben Seiten und zwei Zeilen schwache Papier, das sich in erster Linie durch Tippfehler auszeichnet, im Auftrag Peter Westenthalers von Kurt Lukasek. "Die Arbeit eines Laien", wie die Staatsanwaltschaft Salzburg das Papier nennt, war den Lotterien 300.000 Euro wert. Lukasek hätte eigentlich ebenfalls im Zeugenstand erscheinen sollen, ließ sich aber entschuldigen.
Grasser-Beteiligung "größte Dummheit meines Lebens"
Deutliche Worte fand Hochegger zu Karl-Heinz Grasser. Nach dem Ausscheiden des Ex-Finanzministers aus der Regierung beteiligte er sich mit Hochegger und Meischberger an der neugegründeten Firma Valora Solutions. Für Hochegger war das "die größte Dummheit, die ich in meinem Leben gemacht habe". Grasser habe keine erkennbare Leistung erbracht. Dennoch erhielt die Firma 600.000 Euro in fünf Tranchen von der Novomatic. Der grüne Peter Pilz glaubt, dass das Geld großteils dazu diente, Grasser im Nachhinein für seinen Einsatz in Sachen Glücksspiel zu belohnen.
Grasser selbst sagte, er habe aus der Firma nichts bekommen - lediglich einen Euro bei seinem Ausstieg. Die Gesellschaft sei "eine Totgeburt" gewesen, von den Rechnungen, die Meischberger über die Valora Solutions gelegt haben soll, habe er erst von der Staatsanwaltschaft erfahren. Den Versuch von Novomatic und Telekom, eine Liberalisierung des Glücksspielsektors zu erreichen, schildert er so: Novomatic-Boss Franz Wohlfahrt und Fischer hätten ihm von ihrem Vorhaben berichtet. Er habe sie ans Parlament verwiesen, wenn sie eine Allparteieneinigung erreichen könnten, würde sich das Ministerium dem Gesetz nicht entgegen stellen. Eine Regierungsvorlage wollte Grasser aber nicht erwirken. Eine Regierungsvorlage hätte allerdings in Begutachtung gehen müssen.
Heute soll der Komplex Glücksspiel abgeschlossen werden. ÖVP, FPÖ und BZÖ halten eine neuerliche Ladung Lukaseks für unnötig, schließlich habe er schon vor der Staatsanwaltschaft ausgesagt. Die Grünen wollen indes das Thema im Herbst wieder aufgreifen und Lukasek laden. Findet dieses Ansinnen erwartungsgemäß kein Gehör, geht der U-Ausschuss im September mit dem Thema Regierungsinserate weiter.