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Das Schwert des Damokles

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

Kosten für Rückholaktion manchmal existenzbedrohend. | Zulieferbetriebe sind besonders gefährdet. | Probleme oft in Fahrzeug- und Nahrungsmittelindustrie. | Shanghai. Gefährliches Kinderspielzeug, explodierende Akkus in Laptops oder giftige Zahnpasta - immer wieder geschieht es, dass Unternehmen wegen eines Produktionsfehlers Artikel zurückrufen müssen.


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Nicht immer geht es dabei um mehr als 20 Mio. Stück in China produzierte Spielwaren wie zuletzt im Fall Mattel. Auch heimische, mittelständische Unternehmen sind immer wieder von kleineren Rückhol-Aktionen betroffen. Und die können ganz schön teuer kommen.

Ein österreichischer Zulieferbetrieb in der Autoindustrie hatte im Zuge eines Rückrufes vor einiger Zeit Kosten von 7 Mio. Euro zu tragen, sagt Walter Kupec, für den Bereich Sachversicherung zuständiger Vorstand bei der Generali Österreich. Ein anderes Beispiel war die Verunreinigung von Bio-Hirse-Produkten mit giftigen Stechapfel-Samen im vergangenen Jahr. "Das hat das betroffene Unternehmen 2 Mio. Euro gekostet. Wir wissen das, weil die Firma nicht versichert war und nach den Problemen versucht hat, Versicherungsschutz für Rückhol-Aktionen zu bekommen", so Kupec.

Fünf Prozent

Unerwartete Kosten im einstelligen Millionen-Bereich können für mittelständische Unternehmen lebensbedrohend sein. Umso verwunderlicher ist, dass sich bisher nur eine Handvoll Unternehmen gegen Rückhol-Aktionen versichert hat. "Wir müssten hier als Versicherungswirtschaft viel aktiver sein und die Betriebe aufklären", meint der Generali-Vorstand.

Von den insgesamt rund 290.000 Unternehmen würden nach Schätzung von Kupec etwa 5 Prozent (knapp 15.000) einen derartigen Versicherungsschutz benötigen. Betroffen seien vor allem Zulieferer. Denn oft ruft ein Hersteller ein Produkt wegen eines mangelhaften Einzelteiles zurück, das von einem Zulieferer stammt. In diesem Fall hält sich der Hersteller finanziell beim Zulieferer schadlos. Und wenn es beim Rückruf dann beispielsweise um mehrere tausend Autos geht, rollt eine enorme Kostenlawine auf den Zulieferbetrieb zu.

Neben der Auto-Industrie ist für Kupec vor allem die Nahrungsmittelindustrie gefährdet. "Wäre ich die Firma, die die Erdnuss-Creme an Manner liefert, würde ich mich auf jeden Fall versichern lassen."

Ein Grund, warum sich viele Betriebe noch nicht mit dem finanziellen Risiko von Rückruf-Aktionen beschäftigt haben, ist, dass die gesetzliche Grundlage - das Produktsicherheitsgesetz - erst zwei Jahre alt ist. Dieses Gesetz verpflichtet Hersteller, aber auch Importeure und Händler dazu, nur sichere Produkte in den Handel zu bringen. Als sicher gilt ein Produkt nur dann, wenn es während des gesamten Produkt-Zyklus, der oft mehrere Jahre dauern kann, dem Stand der Technik entspricht.

Zieht ein Unternehmen gefährliche Produkte nicht freiwillig ein, kann dies vom zuständigen Bundesland angeordnet werden.