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Das Sozialsystem aus Steuern finanzieren

Von Volker Plass

Gastkommentare
Volker Plass ist Bundessprecher der Grünen Wirtschaft.

Das Modell einer Universalabgabe wäre einfach und transparent, viel gerechter als jetzt und Geringverdiener könnten von ihrer Arbeit leben.


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ÖVP-Wirtschaftsbund-Direktor Peter McDonald hat in seinem Gastkommentar "Sozialpolitik ist kein Monopol der Linken" in der "Wiener Zeitung" vom 25. Februar 2014 interessante Gedanken aufgeworfen: Das Ziel bürgerlicher Sozialpolitik sei es, zur Vermeidung jener Umstände beizutragen, die sozialstaatliche Intervention nötig machen. Sozialpolitik dürfe nicht auf "staatliche Fürsorge" reduziert werden und müsse das "Bewusstsein für Eigenverantwortung" stärken, meint der im Nebenberuf geschäftsführende Obmann der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA).

Dass wir im Gesundheitswesen mehr Prävention statt Reparaturmedizin brauchen, wird niemand bestreiten. Hoffen wir, dass sich das auch einmal bis zu den ÖVP-Landeshauptleuten herumspricht, die bislang bei jeder Gesundheitsreform auf der Bremse standen. Auch die Forderung nach einer Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch eine "Weiterentwicklung der Bildungspolitik" klingt originell, wenn man sich an die jahrzehntelange ÖVP-Blockade in diesem Bereich erinnert.

Wenn McDonald jedoch von "Hilfe zur Selbsthilfe" spricht und die hohe Steuer- und Abgabenquote Österreichs beklagt, ist eine Klarstellung notwendig: Für die Geringverdiener sind nicht die Lohn- und Einkommensteuern die größte Belastung, sondern die extrem hohen Sozialversicherungsbeiträge - also genau jenes Geld, das ihnen Peter McDonald in seiner Eigenschaft als SVA-Funktionär aus der Tasche zieht!

Gerade die einkommensschwachen Selbständigen - also jene Klientel, für die Peter McDonald als Wirtschaftsbündler direkt zuständig wäre - werden über hohe SVA-Mindestbeiträge und Selbstbehalte beim Arztbesuch überproportional stark zu Kasse gebeten. Lange bevor sie überhaupt in die Verlegenheit kommen, Steuern zu zahlen, wird vielen von ihnen gerade von der SVA die Möglichkeit genommen, aus selbständiger Arbeit und ohne Transferleistungen auf eigenen Beinen zu stehen.

Die Lösung wäre mit ein bisschen Mut sehr einfach: ein "Integrierter Tarif", also die Zusammenlegung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohn- beziehungsweise Einkommensteuer. Man müsste das Modell dieser Universalabgabe aufkommensneutral gestalten, da das Sozialsystem ja weiterhin finanziert werden muss, könnte aber durch einen Freibetrag von rund 1000 Euro pro Monat die Geringverdiener von allen Abgaben entlasten. Gesundheitsversorgung und Pensionen wären dann keine Versicherungsleistungen mehr, sondern wie in anderen Ländern (zum Beispiel Dänemark) eine staatliche Aufgabe. Dieses Modell hätte viele Vorteile: Es wäre einfach und transparent, viel gerechter als jetzt und Geringverdiener könnten von ihrer Arbeit endlich tatsächlich leben, wie es McDonald fordert.

Der einzige Nachteil würde für Funktionäre wie Peter McDonald entstehen: Wenn wir das Sozialsystem in Zukunft aus Steuern finanzieren, wären die vielen Sozialversicherungen gar nicht mehr nötig, die derzeit den Sozialpartnern als parteipolitische Spielwiesen dienen. Wenn McDonald also das, was er schreibt, ernst nimmt, müsste er zuerst an seinem eigenen Stuhl sägen.