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Das Spiel mit offenen Karten beginnt

Von Claudia Peintner

Politik

Die Reduktion von Treibhausgasen und Finanzhilfe sind weiterhin unklar. | Vage Zusagen der USA, weiterhin wenig Bewegung bei China. | Kopenhagen/Wien. Nach Tagen des Stillstands und Meldungen, wonach der Gipfel vor dem Scheitern stehe, lautet die große Frage in Kopenhagen: Folgen jetzt die Stunden des Durchbruchs? | Obama soll den Gipfel retten | Verschmutzungsrechte zum Sparpreis | Gastkommentar von Alexander Van der Bellen | Gastkommentar von Wolfgang Pekny | Interview mit Wissenschafter Ernst Ulrich von Weizsäcker über Klimapolitik | Interview mit der WWF-Mitarbeiterin Tara Rao


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Weniger als 24 Stunden vor dem Konferenzende hatte die dänische Präsidentschaft immer noch keinen übereinstimmenden Vertragsentwurf für die Gespräche der Spitzenpolitiker am Freitag vorgelegt. Neben den Finanzhilfen für die Entwicklungs- und Schwellenländer blieb strittig, in welcher Größenordnung die Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß einschränken.

Um die globale Erwärmung bei zwei Grad Celsius zu stoppen, wäre eine Reduktion der Emissionen von 30 bis 40 Prozent bis 2020 erforderlich. Die vorliegenden Zusagen machten zusammen gerade einmal 19 Prozent aus - laut einem internen UN-Papier würde die Temperatur damit um drei Grad steigen und bedrohliche Klimaeffekte auslösen.

Dennoch: "Es sieht so aus, als ob wir über den kritischen Punkt hinweg sind", glaubt Sven Harmeling von der deutschen Umweltorganisation Germanwatch. Ein Lichtfunken sei, dass die thematischen Gruppen nach den vorangegangenen Blockaden wieder an ihren beiden Gipfel-Texten arbeiteten (einer Verlängerung des Kyoto-Protokolls und einem ergänzenden UN-Dokument). Mut im Bella-Konferenzzentrum verbreitete darüber hinaus die - wenn auch vage - Ankündigung von US-Außenministerin Hillary Clinton, dass Amerika ebenfalls in einen Topf für die Entwicklungsländer einzahlen würde. Aus dem Fonds sollen jährlich 100 Milliarden Dollar bereitgestellt werden, damit die armen Staaten ab 2020 ihre Emissionen senken und klimafreundliche Technik einsetzen können.

Die USA bremsten jedoch allzu hohe Erwartungen, die in die Ankunft des Präsidenten gesetzt wurden: Barack Obama habe nicht vor, konkretere Finanzierungszusagen zu machen, hieß es von offizieller Seite. Er werde die Bemühungen um ein Klimaabkommen aber auch dann fortsetzen, wenn Kopenhagen keinen Erfolg bringe.

Die Befürchtung, dass es zu einem substanzlosen Kompromiss kommt, ist groß. US-Präsidentensprecher Robert Gibbs warnte am Donnerstag in Washington: "Mit einer inhaltsleeren Einigung zurückzukehren wäre noch viel schlimmer, als mit leeren Händen." Gibbs forderte China zu mehr Kompromissbereitschaft auf. Einer der Streitpunkte ist die Überprüfung der Klimaziele: Die Asiaten wollen keine internationalen Beobachter ins Land lassen, sondern sich nur von Medien und Juristen kontrollieren lassen.

"Angesichts des Zeitdrucks werden wohl andere Klima-Themen unter den Tisch fallen", befürchtet indes Markus Nidermair vom österreichischen WWF Klimateam. Keine Lösung gebe es etwa dafür, wie Staaten dazu gebracht werden können, die CO2-intensive Waldrodung zu stoppen. Fraglich ist weiters, ob man sich erstmals auf Reduktionsziele für den Schiffs- und Luftverkehr - wegen der unklaren Staatszuteilung bisher in der Emissionsstatistik unberücksichtigt- einigen kann.

Aber auch die Entwicklungsländer müssen ihre Angebote aufstocken. "Wir müssen zusammenstehen, wir müssen zusammen handeln", appellierte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.