Situation im Grenzort Spielfeld "äußerst unruhig". 900 Soldaten und Polizisten an Grenze, 10.000 Flüchtlinge erwartet.
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Wien/Spielfeld. An der steirisch-slowenischen Grenze bleibt die Lage weiter höchst angespannt. Etwa 2500 Flüchtlinge wurden in Spielfeld in einer Sammelstelle versorgt. Das Innenministerium rechnete allein am Donnerstag mit bis zu 10.000 Flüchtlingen. Nachdem rund 1500 Schutzsuchende die Absperrungen der Sammelstelle durchbrochen und sich zu Fuß nach Norden aufgemacht hatten, mussten Polizei und Bundesheer auch am Donnerstag aus Sicherheitsgründen die Sperren für rund 2000 Flüchtlinge öffnen.
Die Einsatzkräfte vor Ort schätzten, dass sich zwischen 3000 und 4000 Personen außerhalb der Sammelstelle befanden. Hunderte irrten auf der nahen Bundesstraße umher, riefen "We want to go Germany" und erkundigten sich, wie weit es sei. Dolmetscher erklärten, dass es hunderte Kilometer bis an die deutsche Grenze seien, die meisten Flüchtlinge konnten so rasch zum Umkehren bewegt werden. Einige marschierten aber weiter, andere wiederum nahmen Taxis in Richtung Norden.
Am Donnerstag Vormittag machte sich der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ein Bild von der Situation in Spielfeld. Er bezeichnete die Lage als "unannehmbar" und forderte von Innenmisterin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Polizeiverstärkung, die ihm zugesichert wurde. Er wolle die Grenze nicht dichtmachen, man müsse sie aber schützen können, so der Landeshauptmann. Mikl-Leitner traf am Nachmittag auch in Spielfeld ein und sprach sich für eine "Festung Europa" aus.
"Die Situation an der Grenze ist äußerst unruhig", sagte Georg Krenker von der Caritas Steiermark zur "Wiener Zeitung". "Viele haben bereits zwei Tage gewartet und sind sehr ungeduldig. Die Versorgung ist schwierig, weil so viele in so kurzer Zeit über die Grenze kommen. Die tiefen Temperaturen in der Nacht machen uns zu schaffen", so Krenker. Steigende Ungeduld und Frustration unter den Flüchtlingen sei der Grund, wieso viele sich auf eigene Faust auf den Weg nach Norden machen würden. Private Helfer, wie sie in den vergangenen Wochen am Wiener Westbahnhof oder im burgenländischen Nickelsdorf im Einsatz waren, gebe es in Spielfeld aber nicht, sagte Krenker. Es gehe jetzt vor allem darum, die Flüchtlinge zu beruhigen.
Weiter mit Zügen und Bussen
Deeskalation ist auch das vorrangige Ziel der Polizei vor Ort. Was Weitertransport und Unterbringung angeht, konnte die Polizei am Donnerstag keine Auskünfte erteilen. Oberst Klaus Jäger, Leiter des zentralen Transport-Managements des Bundesheeres, sprach von 16 Bussen für je 50 Personen, die im 15-Minuten-Takt die Flüchtlinge in das Quartier im Euroshoppingcenter Graz bringen würden. Dort gebe es Platz für bis zu 2000 Personen. Zudem gebe es bis zu fünf Sonderzüge pro Tag, vor allem Richtung Linz und Wels, wo die Flüchtlinge ebenfalls in Unterkünfte gebracht würden. "Wir müssen flexibel entscheiden, wohin wir die Flüchtlinge bringen, da sich die Belegung der einzelnen Quartiere ständig ändert", so Jäger. Wenn es an Aufnahmekapazitäten mangle, bringe man die Flüchtlinge möglichst in "grenznahe" Quartiere.
Ist man logistisch für die fast 13.000 Flüchtlinge, die seit Mittwoch in Slowenien ankamen, vorbereitet? "Prinzipiell haben wir eine tägliche Transportkapazität von bis zu 10.000 Personen", so Jäger. Problematisch werde es bei der Unterbringung. "Prinzipiell könnten Caritas, Rotes Kreuz und Diakonie recht rasch Notquartiere für bis zu 15.000 Personen herstellen. In dieser Gleichung gibt es zwei Unbekannte: einerseits die Personalknappheit bei den Hilfskräften, andererseits die sich ständig ändernde logistische Situation." Viele Flüchtlinge kämen zu Fuß, mit Taxis oder öffentlich zu den Quartieren oder gleich an die deutsche Grenze.
Das Heer verlegte am Donnerstagabend eine weitere Kompanie mit rund 100 Soldaten an die slowenische Grenze. Die zusätzlichen Kräfte seien ab Freitag einsatzbereit, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Bereits Mitte Oktober sollte kein Flüchtling in einem Zelt schlafen, so das Ziel des Flüchtlingskoordinators Christian Konrad. Dieses Ziel hat man nicht erreicht. Das Innenministerium sprach von Ende Oktober. "Ob das so sein wird, wage ich nicht zu bestätigen", sagt Konrads Sprecher Peter Wesely.